Wann führt die Finanzierung durch Krankenkassen dazu, dass eine GmbH europaweit ausschreiben muss? Das hatte das Oberlandesgericht Celle anlässlich der Vergütung psychiatrischer Leistungen zu entscheiden.
GWB § 99 Nr. 2 a, §§ 103, 155
Leitsatz
Wenn eine gemeinnützige GmbH, die ein Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie betreibt, Erlöse aus Krankenhausleistungen, Wahlleistungen und ambulanten Leistungen erzielt, handelt es sich nicht um eine öffentliche Finanzierung i.S.d. § 99 Nr. 2 a GWB, sondern um Entgelte für spezifische Gegenleistungen für die Behandlung von Patienten.
Sachverhalt
Eine gemeinnützige GmbH, die ein Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie betrieb, wollte zuwendungsfinanziert ein Ressourcenmanagementsystems (RMS) beschaffen. Dazu führte sie ein europaweites Vergabeverfahren durch, denn sie meinte, der Zuwendungsbescheid verpflichte sie dazu. Ein unterlegener Bieter griff seinen Ausschluss vor der Vergabekammer an. Diese erklärte sich aber bereits für unzuständig. Die GmbH sei kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 2 GWB.
Die Entscheidung
Das sah auch das OLG Celle so. Die Zahlungen, welche die Krankenkassen auf Basis des Psychiatrie-Entgeltsystems (PEPP) leisteten, waren demnach keine staatliche Finanzierung der GmbH als solches, sondern ein Entgelt für spezifische Gegenleistungen. Es war dabei unschädlich, dass die Entgelte in Form von Pauschalen gewährt wurden, die u.a. auf Grundlage der für den jeweiligen Patienten maßgeblichen „Strukturkategorie“ bestimmt werden. Dadurch würden zwar nicht der individuelle Kostenaufwand im Einzelfall (Arbeitsminuten für Ärzte und Pfleger, Materialkosten, Unterbringungskosten, etc.) ermittelt, sondern nur bestimmte, medizinisch unterscheidbare Patientengruppen berücksichtigt. Solche pauschalierenden Elemente gebe es aber auch in anderen Entgeltsystemen, wie etwa bei der Anwaltsvergütung nach den Gebührentatbeständen im RVG-VV. Die Pauschalierung ändere also nichts daran, dass das Entgelt für eine spezifische Gegenleistung erbracht werde. Allein der Zuwendungsbescheid konnte nicht den Rechtsweg zu den Vergabekammern eröffnen.
Rechtliche Würdigung
Es ist allgemein anerkannt, dass eine staatliche Finanzierung im Sinne des § 99 Nr. 2 GWB jedenfalls dann nicht vorliegt, wenn diese als Gegenleistung für eine spezifische Leistung erbracht wird. Unerheblich ist dabei auch, ob die betreffende juristische Person in ihrem Bestand faktisch auf dieses Geschäft angewiesen und somit mittelbar davon abhängig ist – immer vorausgesetzt, dass Leistung und Gegenleistung in einem adäquaten Verhältnis zueinander stehen und nicht etwa eine verdeckte Bezuschussung erfolgt (vgl. VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.08.2000 – 1 VK 17/00). Zu beachten ist, dass darüber hinaus in den Katalogfällen des § 99 Nr. 4 GWB auch eine projektbezogene Vergütung die Auftraggebereigenschaft zur Folge haben kann.
Praxistipp
Allein der Erhalt finanzieller Mittel macht eine Gesellschaft in privater Rechtsform noch nicht ohne weiteres zum öffentlichen Auftraggeber im Sinne des EU-Vergaberechts.
Dr. Valeska Pfarr, MLE
Die Autorin Dr. Valeska Pfarr, MLE, ist Rechtsanwältin bei Menold Bezler Rechtsanwälte, Stuttgart. Sie ist auf das Vergaberecht spezialisiert, ein Schwerpunkt liegt hierbei auf der Beratung der öffentlichen Hand.
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