Die EU-Kommission hat am 26. April deutsche Sektorenauftraggeber im Bereich der konventionellen Energien teilweise von der Anwendung des Vergaberechts freigestellt. Erfasst sind insbesondere öffentliche Aufträge zum Anlagenbau und -Kauf sowie zum -Betrieb oder -Wartung.
Im Wortlaut heisst es im Beschluss C(2012) 2426 der EU-Kommission:
Artikel 1
Die Richtlinie 2004/17/EG gilt nicht für Aufträge, die von Auftraggebern vergeben werden und die Erzeugung und den Erstabsatz von aus konventionellen Quellen erzeugtem Strom in Deutschland ermöglichen sollen.
Für diesen Beschluss bedeutet „aus konventionellen Quellen erzeugter Strom“ Strom, der nicht unter das EEG fällt. Ferner bezeichnet der Begriff „erneuerbare Energien“ im Sinne des EEG und zu den darin fest gelegten Bedingungen Wasserkraft einschließlich der Wellen-, Gezeiten-, Salzgradienten- und Strömungsenergie, Windenergie, solare Strahlungsenergie, Geothermie, Energie aus Biomasse einschließlich Biogas, Biomethan, Deponiegas und Klärgas sowie aus dem biologisch abbaubaren Anteil von Abfällen aus Haus halten und Industrie.
Durch den Beschluss der Kommission müssen Unternehmen, auf die die öffentliche Hand einen beherrschenden Einfluss ausübt, ab sofort öffentliche Aufträge bei der Errichtung, dem Kauf, dem Betrieb und der Wartung von konventionellen Stromerzeugungsanlagen und beim Stromgroßhandel nicht mehr ausschreiben. Hierunter fallen beispielsweise Gas- und Turbinenanlagen, Gaskraftwerke, Kohlekraftwerke und sonstige klassisch stromgeführte Kraftwerke. Die Befreiung solcher kommunaler bzw. staatlich beherrschter Unternehmen vom Vergaberecht soll der Angleichung der Wettbewerbsbedingungen an Energieversorgungsunternehmen mit rein privatwirtschaftlicher Struktur dienen.
Die EU-Kommission gab mit dieser Entscheidung einem Antrag des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) gemäß Artikel 30 Abs. 5 der Richtlinie 2004/17/EG statt, der der Kommission übrigens per E-Mail übermittelt wurde. “Für die Praxis der Energieversorger bedeutet die Befreiung vom Vergaberecht eine erhebliche Erleichterung", sagte Hildegard Müller, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.
Den Beschluss C(2012) 2426 der EU-Kommission finden Sie im Mitgliederbereich des Deutschen Vergabenetzwerks (DVNW).
Eine Anmerkung zum Inkrafttreten:
Nach meinem Verständnis gilt die Freistellung NICHT ab sofort, sondern erst, wenn sie im Bundesanzeiger bekannt gemacht wurde:
§ 3 Abs. 7 SektVO:
„Die Feststellung, dass Sektorentätigkeiten auf Märkten mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sind, gilt als getroffen, wenn die Kommission der Europäischen Gemeinschaft dies bestätigt hat […] und das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie die Feststellung […] im Bundesanzeiger bekannt gemacht hat.“
Diese Bekanntmachung steht aber noch aus.
Beste Grüße