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Berlin: Kammergericht will S-Bahn-Ausschreibung dem EuGH vorlegen

S-Bahn Berlin

Zu Lande, zu Wasser, und in der Luft: Irgendwie scheint in der Hauptstadt nachhaltig der Wurm drin, wenn es um öffentliche Infrastrukturprojekte geht: Neben dem Desaster um den geplanten Flughafen Berlin Brandenburg (BER) ist nun, wieder einmal, die S-Bahn betroffen. Dieses mal allerdings nicht in Folge mangelhafter Wartung, sondern  Vergabeverfahren. Das Kammergericht Berlin entschied vergangenen Donnerstag, Fragen des laufenden Vergabenachprüfungsverfahrens der S-Bahn Ausschreibung dem EuGH vorzulegen. Der Vorsitzende Richter am KG wird mit der Befürchtung zitiert, “dass es eine Generation von Schulkindern gibt, für die die Ringbahn nicht existiert“.

In der Ausschreibung mit dem Namen “Teilnetz Ring” geht es um den Betrieb der Ringbahn und dreier südöstlicher Zubringerlinien ab 2017. Wie die Berliner Morgenpost berichtet, habe der Vorsitzende Richter Heinz Hawickhorst an die Landesregierungen Berlins und Brandenburgs appelliert „dieses Verfahren neu anzufassen“ und „anders als bisher nicht jeweils an die Grenze des juristisch möglicherweise gerade noch Zulässigen“ zu gehen. „Sonst habe ich die Befürchtung, dass es eine Generation von Schulkindern gibt, für die die Ringbahn nicht existiert“, so Hawickhorst gegenüber der Morgenpost.

Deutsches VergabenetzwerkLange Vertragslaufzeit

Die Frage, über die der EuGH entscheiden soll, betrifft die vorgesehene Vertragslaufzeit von maximal 33 Jahren für die Instandhaltung der neu zu beschaffenden S-Bahn Fahrzeuge. Der künftige Betreiber soll sich verpflichten, nach Ablauf der ersten 15 Jahre die Züge auch dann weiter zu warten, wenn bei einer darauffolgenden Ausschreibung ein Anderer den Zuschlag für den Betrieb der nächsten 15 Jahre erhält. Gut gemeinter Hintergrund: So lässt sich verhindern, dass der Betreiber die Züge verschleißt. Aus dem Wortlaut der EG-Verordnung 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße, die für den Nahverkehr einschlägig ist, geht jedoch nicht hervor, ob die dortigen Vorgaben für Vertragslaufzeiten auch für die von den Ländern vorgesehene langfristige Instandhaltungsverpflichtung gelten.

In einer aktuellen Pressemitteilung der Berliner Senatsverwaltung wird Senator Michael Müller (SPD) dazu wie folgt zitiert:

„Ziel der Ausschreibung des Teilnetzes ist die Sicherung eines verlässlichen, sicheren und kostengünstigen S-Bahnverkehrs für Berlin. Dass der Senat die Betriebsfähigkeit der Fahrzeuge und deren Wartung für einen Zeitraum von bis zu 33 Jahren für Berlin sicherstellen möchte, ist nichts anderes als die Lehre aus der aktuellen S-Bahn-Krise, die sich gerade in diesen Tagen wieder mit voller Vehemenz zeigt.“

Der Vorsitzende der Geschäftsführung der S-Bahn Berlin GmbH, Peter Buchner, 1996 übrigens bei der Deutschen Bahn AG Berater der Regionalbereiche bei den ersten Ausschreibungen von Leistungen im Schienenpersonennahverkehr, begrüßte die Aussagen des Kammergerichts und wird in der Berliner Morgenpost zitiert:

„Wir hoffen, dass das Verfahren in einer Weise geführt wird, dass es rechtlich nicht angreifbar ist.“ Man müsse immer an die Beschaffung der neuen Wagen denken. „Wir brauchen die neuen Fahrzeuge. Die gibt es erst, wenn der Auftrag erteilt ist.“

Die formale Entscheidung über die Anrufung des EuGH will das Gericht in vier Wochen verkünden, es sei denn, die Länder ändern die Ausschreibung entsprechend ab. Ein Verfahren vor dem EuGH ist regelmäßig mit ein bis zwei Jahren zu veranschlagen – eigentlich war für 2014 der Zuschlag vorgesehen. Die Länder sind weiterhin von der rechtlichen Zulässigkeit des gewählten Verfahrensweges überzeugt, werden aber wegen der zu erwartenden Verfahrensdauer prüfen, ob und wie sie das Ziel der Sicherung der Fahrzeugqualität in der Vergabe so umsetzen können, dass die vom Gericht benannten Unklarheiten bei Anwendung der EG-Verordnung 1370/2007 möglichst ausgeräumt werden können.

Wir werden im Vergabeblog berichten, wie es weitergeht. Und sicher auch ein Thema der nächsten Sitzung der Regionalgruppe Berlin-Brandenburg des Deutschen Vergabenetzwerks (DVNW) am 12. Februar in Berlin, bei der Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Ordnung, Carsten Spallek, allerdings zum Verhältnis Haushalt und Vergaberecht, referieren wird. Anmeldung im Mitgliederbereich des Deutschen Vergabenetzwerks (DVNW).

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