Am 6. und 7. Oktober 2016 findet in Berlin der 3. Deutsche Vergabetag des Deutschen Vergabenetzwerks (DVNW) statt. Zur Vorbereitung und Auswahl der angebotenen Workshops stellen die Referenten ihren Workshop im Vorfeld des Kongresses vor; heute den Workshop C.2: “Konzessionsvergaben zwischen wirtschaftlicher Betätigung und öffentlicher Beschaffung: Was bringt die neue KonzVgV?”:
Mit der Umsetzung der Konzessionsrichtlinie 23/2014/EG als Teil des europäischen Richtlinienpakets gibt es seit dem 18.04.2016 erstmals eine eigene Vergabeverordnung für die Vergabe von Konzessionen: die Verordnung für die Vergabe von Konzessionen, kurz KonzVgV.
Konzessionen sind entgeltliche Verträge, durch die ein Unternehmen mit der Erbringung von Bau- oder Dienstleistungen betraut wird. Im Gegenzug bekommt das Unternehmen allerdings keine Vergütung durch den Auftraggeber – dann würde es sich ja um einen öffentlichen Auftrag handeln –, sondern das Recht, das Bauwerk oder die Dienstleistungen selbst zu verwerten. Nicht der Staat, sondern die Nutzer zahlen die Leistungen – oder auch nicht; das Verwertungs- bzw. Betriebsrisiko trägt allein der Konzessionär.
Die Vergabe von Konzessionen durch öffentliche Auftraggeber kommt immer dann in Betracht, wenn die zu vergebenden Aufgaben im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge auch als Kehrseite einer in erster Linie unternehmerischen Betätigung erfüllt werden können. Idealtypisch hierfür ist der Brückenbauer, der auf beiden Seiten seines Bauwerks Schranken aufstellt, die er gegen Entrichtung einer Maut hebt. In der Praxis ist das Betätigungsfeld für Konzessionäre äußerst vielgestaltig und reicht von der Altkleidersammlung über den Betrieb von kommunalen Netzen und bestimmten Formen der Stadtmöblierung bis hin zu Bau- und Dienstleistungen für Straßen, Flughäfen und Häfen. Allen Erscheinungsformen gemeinsam ist: Mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben lässt sich bei Schonung der öffentlichen Haushalte Geld verdienen!
Die KonzVgV ergänzt im Detail die sparsamen Regelungen des GWB (dort §§ 148 ff GWB) und trifft nähere Bestimmungen über das bei der Vergabe von Konzessionen einzuhaltende Verfahren. Anders als bei der Umgestaltung der vergaberechtlichen Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge handelt es sich bei der KonzVgV um ein Novum. Die Vergabe von Konzessionen war allerdings schon zuvor Gegenstand vergaberechtlicher Diskussionen. Während die Baukonzession in § 22 VOB/A-EG rudimentär geregelt war, war der größere Bereich der Dienstleistungskonzessionen ungeregelt und unterlag nur den grundlegenden Vorgaben des EG-Vertrags. Wie z.B. die Vergabekammer Südbayern noch 2015 mit Blick auf die Errichtung und Betrieb eines Breitbandnetzes im Wege einer Dienstleistungskonzession entschied, war der Rechtsweg zu den Vergabekammern vor der Umsetzung der Konzessionsrichtlinie verschlossen.
Die Eingemeindung der Konzessionen in das Hoheitsgebiet des Vergaberechts hat angesichts der vielfältigen Erscheinungsformen von Konzessionen eine große praktische Bedeutung. Künftig entscheidet die Definition eines Auftrags als Konzession nicht mehr über Anwendbarkeit des formellen Vergaberechts sondern über die anwendbaren Vergaberegeln. Die Vergabe öffentlicher Aufträge richtet sich nach der Vergabeverordnung (VgV), für die Vergabe von Konzessionen gilt, auch im Bereich der Sektoren Energie und Verkehr, vorrangig die KonzVgV.
Was bringt die neue KonzVgV für die Praxis? Fest steht, dass die Vorfrage, ob eine Konzession vorliegt, weiterhin maßgeblich ist und sicherlich auch in der Zukunft beliebtes Streitthema sein wird. Denn das Verfahren zur Vergabe einer Konzession ist nicht deckungsgleich mit dem zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags, vielmehr unterliegt die Vergabe einer Konzession deutlich flexibleren vergaberechtlichen Vorschriften. Die Einbeziehung von Dienstleistungskonzessionen bringt einerseits größere Rechtssicherheit und regt vielleicht auch die Fantasie der Kämmerer an. Andererseits ist absehbar, dass sich die Diskussionen künftig vermehrt darum drehen werden, ob überhaupt noch Leistungen beschafft werden, wenn die öffentliche Hand anstelle eigener unternehmerischer Betätigung hierfür einem Privaten die Möglichkeit einräumt, der hierfür mitunter sogar noch etwas zahlt. Die Grenze zwischen der Verwertung öffentlichen Vermögens z.B. durch Vermietung oder Verpachtung von Flächen z.B. an Häfen und Flughäfen – kein Vergaberecht – und der Beschaffung von Leistungen durch denjenigen, der diese Flächen zur Nutzung erhält – Vergaberecht –, muss von Fall zu Fall bestimmt werden. Das Augenmerk wird sich darauf richten, die Spielräume, welche die KonzVgV bei der Ausgestaltung des Vergabeverfahrens belässt, zu nutzen und die Außengrenze neu zu bestimmen, jenseits derer sich die öffentliche Hand wirtschaftlich betätigt, ohne hierbei zugleich Bau- oder Dienstleistungen zu beschaffen.
Findet die KonzVgV Anwendung, muss die Großzügigkeit des Verordnungsgebers auch eingelöst werden, die darin besteht, dass der Konzessionsgeber das Verfahren zur Vergabe von Konzessionen nach Maßgabe der KonzVgV frei ausgestalten darf. Findet weder die KonzVgV, noch – mangels Beschaffungsrelevanz – die VgV oder die SektVO Anwendung, ist zu fragen, ob und nach welchen Maßgaben eine wettbewerbliche Vergabe unter beihilfe- oder kartellrechtlichen Gesichtspunkten erforderlich ist.
Der Workshop wird sich anhand praktischer Beispiele damit befassen, wann sich ein öffentlicher Auftrag als Konzession „verkaufen“ lässt, unter welchen Voraussetzungen die VgV, die SektVO oder eben die KonzVgV einschlägig ist, welche Verfahrensabläufe und Wertungsmodelle sich als best practice anbieten und wann freiwillige wettbewerbliche Verfahren aus Gründen außerhalb des Vergaberechts indiziert sind.
Einladung
Ihre Fragen rund um diesen Themenkomplex werden im Workshop C.2: “Konzessionsvergaben zwischen wirtschaftlicher Betätigung und öffentlicher Beschaffung: Was bringt die neue KonzVgV?” auf dem 3. Deutschen Vergabetag am 7. Oktober 2016 in Berlin von den Referenten Dr. Frank Roth (Rechtsanwalt und Partner, DLA Piper UK LLP) und Volker Steingroß (Leiter Recht + Versicherung, Flughafen Köln/Bonn GmbH) beantwortet.
Der Workshop behandelt insbesondere die Themen:
Das vollständige Programm des 3. Deutschen Vergabetags 2016 finden Sie unter:
Dr. Frank Roth ist Partner und Rechtsanwalt bei DLA Piper UK LLP in Köln. Er ist auf den Gebieten des Vergaberechts, des öffentlichen Preisrechts und der Streitbeilegung tätig. Er hat sich seit Einführung des Kartellvergaberechts im Jahr 1998 auf die Beratung bei der Vorbereitung von und der Teilnahme an Vergabeverfahren öffentlicher Auftraggeber spezialisiert und verfügt über branchenspezifische Erfahrungen insbesondere auf den Gebieten Energie, Informationstechnologie und Infrastruktur, Food & Healthcare. Einen wichtigen Bestandteil der vergaberechtlichen Beratung bildet die Vertretung in vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren. Auch über diesen Bereich hinaus weist Dr. Frank Roth eine langjährige Erfahrung bei der Vertretung in streitigen Angelegenheiten vor staatlichen Gerichten und Schiedsgerichten auf. Dr. Frank Roth veröffentlicht regelmäßig zu vergaberechtlichen Themen.
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