Nun liegt er vor, der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD. Ob es tatsächlich zu einer Neuauflage der GroKo kommt, ist bekanntlich noch vom ausstehenden Mitgliederentscheid der SPD-Basis abhängig. Währenddessen ist die Analyse des Vertrags aus den unterschiedlichsten Blickwinkel in vollem Gange. Und auch mit vergaberechtlicher Brille betrachtet, wartet der zäh ausgehandelte Koalitionsvertrag neben einigen kleineren Punkten (dazu in Kürze mehr!) mit einem außerordentlich wichtigen und interessanten Punkt auf: Einer möglichen Reform der VOB!
Unter Punkt VI. Nr. 1 des Koalitionsvertrags wird nämlich folgendes ausgeführt:
Die öffentliche Beschaffung ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Öffentliche Aufträge müssen mittelstandsfreundlich ausgeschrieben werden. Zur weiteren Vereinheitlichung des Vergaberechts prüfen wir die Zusammenführung von Verfahrensregeln für die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen einerseits und von Bauleistungen andererseits in einer einheitlichen Vergabeverordnung.
Ist damit klar, dass der Konsolidierungskurs des Vergaberechts fortgesetzt wird und die VOB/A im Unterschwellenbereich in der UVgO und im Oberschwellenbereich in der VgV und der VSVgV aufgehen wird? Folgt also nach dem Ende der VOL/A und der VOF nun auch das Ende der VOB? Ist hier nur von den vergabeverfahrenstechnischen Regelungen der VOB/A die Rede? Oder sind auch die vertragsrechtlichen Regelungen der VOB/B und der VOB/C gemeint? Fragen über Fragen, auf die es derzeit (noch) keine Antworten gibt.
Um der Unklarheit gleich noch etwas Verwirrung beizufügen, heißt es an anderer Stelle im Koalitionsvertrag (unter Punkt IX. Nr. 4):
Die öffentlichen Bauleistungen sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Sie fördern insbesondere den Mittelstand. Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) als faire, wettbewerbsneutrale und von allen Bauverbänden getragene Verfahrensregelung garantiert gute Bauleistungen. Sie ist zu sichern und anwenderorientiert weiterzuentwickeln.
Was nun? Also doch die Beibehaltung einer eigenständigen VOB?
Sollte der Koalitionsvertrag tatsächlich Grundlage des Regierungshandels werden, so wird dieser vermeintliche Widerspruch aufzulösen und einiges Mehr an Klarheit zu fordern sein.
Darauf, dass zumindest ernsthafte Befürchtungen für eine Abschaffung der VOB existieren, deutet die bereits in der letzten Woche durch den Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) veröffentlichte ablehnende Stellungnahmen hin (siehe hier im Vergabeblog).
Es wird also spannend in der Entwicklung des Vergaberechts bleiben.
Hinweis d. Red.: Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD ist im Mitgliederbereich des DVNW unter Bibliothek abrufbar (hier). Außerdem entwickelt sich im Fachausschuss Politik und Markt des Deutschen Vergabenetzwerks gerade eine interessante Diskussion zum Thema (hier). Noch kein Mitglied? Hier geht es zur Mitgliedschaft.
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