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Zitierangaben: Vergabeblog.de vom 21/01/2025 Nr. 69251

Der Vergabeblog Bundestagswahl-Guide: Das plant die SPD für die öffentliche Beschaffung

Mitglied im SPD Parteivorstand und Berichterstatter für Vergaberecht Sebastian Roloff ordnet ein

Bundestag

Am 16. Dezember 2024 haben 394 der 717 im Bundestag anwesenden Abgeordneten in einer historischen Abstimmung dem (noch) Bundeskanzler Olaf Scholz ihr Vertrauen entzogen. Der Weg für vorgezogene Neuwahlen ist nun offiziell frei. Mit dem Termin am 23. Februar bleibt jedoch nur wenig Zeit für Wahlkampf – und dementsprechend nur wenig Zeit, um sich als Wähler:in zu entscheiden. Um Ihnen bei all der Informationsflut einen Überblick zu verschaffen, haben wir in unserer Artikel-Serie, dem Vergabeblog Bundestagswahl-Guide, zusammengefasst, was die jeweiligen Parteien im Bezug auf das Vergaberecht und die öffentliche Beschaffung geplant haben. Sebastian Roloff, Mitglied im SPD Parteivorstand und Berichterstatter für Vergaberecht, hat das Programm seiner Partei exklusiv für uns eingeordnet.

Im Wahlprogramm der SPD für die Bundestagswahl 2025 gibt es einige Punkte, die für die öffentliche Beschaffung von Relevanz sind. Wir haben uns die Pläne der Sozialdemokraten genauer angesehen und die wichtigsten Punkte für Sie zusammengefasst.

  1. Tariftreue stärken: Öffentliche Aufträge des Bundes gehen ausschließlich an Unternehmen, die ihre Beschäftigten nach Tarif bezahlen. Gleichzeitig wird ein europäisches Tariftreuegesetz angestrebt, um soziale Standards auch in EU-weiten Vergabeverfahren durchzusetzen. Unternehmen, die öffentliche Fördermittel oder Gelder erhalten, müssen Kriterien wie Standortentwicklung, Beschäftigungssicherung und Qualifizierungsstrategien erfüllen.
  2. Bürokratieabbau und Digitalisierung: Genehmigungen werden beschleunigt. Dafür führt die SPD eine Genehmigungsfiktion ein, bei der Anträge automatisch als genehmigt gelten, wenn Behörden nicht fristgerecht reagieren. Bürokratische Hürden werden durch Vereinfachung und Digitalisierung von Dokumentations- und Berichtspflichten abgebaut. Neue Gesetze durchlaufen Praxischecks, um ihre Alltagstauglichkeit sicherzustellen. Automatisierung und künstliche Intelligenz kommen zum Einsatz, um Verwaltungsprozesse effizienter zu gestalten. Um weitere konkrete Möglichkeiten des Bürokratieabbaus zu ermitteln, wird ein sozialdemokratischer Bundeskanzler eine Konferenz mit Vertreterinnen und Vertretern von Wirtschaft und Verwaltung durchführen.
  3. Kommunale Finanzstärkung: Mit dem Deutschlandfonds stärkt die SPD kommunale Unternehmen wie Wohnungsbaugesellschaften, Energieversorger und Verkehrsunternehmen durch Eigenkapitalzuschüsse und langfristige Darlehen. Kommunen erhalten die nötigen finanziellen Spielräume, um den sozial-ökologischen und digitalen Strukturwandel zu bewältigen. Förderprogramme werden vereinfacht und entbürokratisiert.
  4. Reform der Schuldenregel: Die aktuelle Schuldenregel wird modernisiert, um Investitionen in die Zukunftsfähigkeit des Landes nicht zu behindern. Zusätzlich werden Ausnahmetatbestände für wichtige Zukunftsinvestitionen eingeführt. Die Länder erhalten mehr Spielräume für Kreditaufnahmen, die mit europäischen Fiskalregeln in Einklang stehen. In Krisenzeiten sorgt eine Reform der Notlagenregelungen dafür, dass der Staat jederzeit handlungsfähig bleibt.
  5. Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen: Die SPD schlägt einen Zukunftspakt zwischen Bund, Ländern und Kommunen vor. Diese Zusammenarbeit gewährleistet eine langfristige und verlässliche Finanzierung in Bereichen wie Bildung, Verkehrsinfrastruktur, Städtebau und Energieeffizienz. Kommunen erhalten zudem größere Kapazitäten für Infrastrukturplanung und einen gemeinsamen Personaleinsatz.
  6. Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung: Komplexe Planungsprozesse sollen schneller und effizienter ablaufen. Digitale Verwaltungsverfahren und die Bündelung von Zuständigkeiten stehen im Mittelpunkt. Ziel ist es, Investitionen in Infrastruktur wie Wohnungsbau, Verkehr und Energieversorgung zu beschleunigen. Ein Praxisgipfel mit Vertreterinnen und Vertretern von Wirtschaft, Ländern und Kommunen legt weitere konkrete Maßnahmen fest.
  7. Gemeinsame Beschaffung im Verteidigungssektor: Die europäische Zusammenarbeit im Verteidigungssektor wird ausgebaut. Gemeinsame Beschaffungen von Ausrüstung und Gerät, standardisierte Ausbildungskonzepte und multinationale Manöver stärken die Integration europäischer Streitkräfte. Synergieeffekte werden genutzt, um Kosten zu senken und die Effizienz der Verteidigungsausgaben zu steigern.

Roloff: Abbau von unnötiger Bürokratie, bessere Arbeitsbedingungen und höhere Chancen für KMUs und Start-Ups

Sebastian Roloff, Mitglied im SPD Parteivorstand und Berichterstatter für Vergaberecht hat die Vorhaben seiner Partei exklusiv für den Vergabeblog eingeordnet:

„Das Vergaberecht spielt eine entscheidende Rolle für den im Wahlprogramm erwähnten Bürokratieabbau. So sah bereits das aktuell vorgelegte aber nicht mehr beschlossene Vergabetransformationspaket ein höheres Entlastungsvolumen als das verabschiedete Bürokratieentlastungsgesetz IV vor. Die große Wirkung ergibt sich daraus, dass die öffentliche Hand in Deutschland Jahr für Jahr Aufträge in Höhe eines dreistelligen Milliardenbetrages an private Unternehmen vergibt. Sie hat damit eine gewaltige Marktmacht, die sie dazu nutzen sollte, die Tarifbindung und den fairen Wettbewerb zu stärken. Wir wollen einen Wettbewerb über Qualität und Innovation und nicht über Dumping auf dem Rücken der Beschäftigten und zu Lasten der fairen und ehrlichen Unternehmen. Aus diesem Grund steht das Bundestariftreuegesetz ganz oben auf unserer Agenda. Ziel der SPD ist, die öffentliche Auftragsvergabe an die Einhaltung eines repräsentativen Tarifvertrages der jeweiligen Branche zu knüpfen. Dieser Grundsatz muss auch für europäische öffentliche Aufträge gelten, weshalb wir auch ein europäisches Tariftreuegesetz brauchen. Beschäftigte, die unter einem Tarifvertrag arbeiten, werden besser bezahlt und haben bessere Arbeitsbedingungen. Das stärkt die Zufriedenheit der Belegschaft und erhöht die Kaufkraft, wodurch auch die Unternehmen und die Wirtschaft insgesamt profitieren. Darüber hinaus wollen wir unnötige Bürokratie abbauen, in dem wir Dokumentations- und Berichtspflichten abbauen oder wo dies nicht möglich ist, zusammenführen, vereinfachen und digitalisieren. Hier besteht vor allem im Vergaberecht ein großes Entlastungspotenzial für die Unternehmen und die öffentliche Verwaltung. Die öffentliche Hand hat auch das Potenzial Leitmärkte zu etablieren, zum Beispiel für grünen Stahl made in Germany. Neben den sozialen wollen wir deshalb auch ökologische Kriterien im Vergaberecht stärken. Damit unterstützen wir unsere Industrie, sichern Arbeitsplätze und schützen das Klima.“

Die wichtigsten Aufgaben im Bereich der Reform des Vergaberechts sieht die SPD nach Angaben von Herrn Roloff unter anderem bei den Grenzen für Direktvergaben sowie bei der Digitalisierung.

„Unnötige Nachweis- und Berichtspflichten für Unternehmen, bspw. bei kleinvolumigen Aufträgen, belasten die Wirtschaft und vor allem den Mittelstand. Deshalb sollte die Grenze für Aufträge per Direktvergabe erhöht werden. Zugleich müssen wir die Digitalisierung im Bereich der öffentlichen Verwaltung voranbringen, um Nachprüfungsverfahren zu beschleunigen und Verzögerungen zu vermeiden. Dabei wollen wir sicherstellen, dass Start-Ups und mittelständische Unternehmen Zugang zu öffentlichen Aufträgen haben.“

Quelle: SPD Wahlprogramm

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