Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 24.01.2008 – Rs. C-532/06 – abermals klargestellt, dass wegen Art. 36 I der Richtlinie 92/50 der EU (EU-Dienstleistungskoordinierungsrichtlinie) als „Zuschlagskriterien“ solche Kriterien ausgeschlossen sind, die nicht der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots dienen, sondern die im Wesentlichen mit der Beurteilung der fachlichen Eignung der Bieter und mit der Ausführung des betreffenden Auftrags zusammenhängen. Bei diesen handele es sich um „Eignungskriterien“.
Der Entscheidung zugrunde lag die Ausschreibung einer griechischen Gemeinde über eine Studie zur Stadtplanung. Folgende „Zuschlagskriterien“ wurden, in der Reihenfolge ihrer Gewichtung, dabei genannt: Die nachgewiesene, einschlägige Erfahrung des Sachverständigen auf diesem Gebiet, gefolgt vom Personal und der Ausstattung des Büros sowie drittens die Fähigkeit, die Studie planungsgemäß im vorgesehenen Zeitrahmen abzuschließen.
Der EuGH stellte hierzu fest, dass es aufgrund der Art. 23 Abs. I, Art. 32 und Art. 36 Abs. 1 der Richtlinie 92/50 unzulässig sei, die Erfahrungen der Bieter, deren Personalbestand und Ausrüstung sowie deren Fähigkeit, den Auftrag fristgerecht fertig zu stellen, als „Zuschlagskriterien“ heranzuziehen. Hierbei handele es sich um „Eignungskriterien“.
Damit hat der EuGH zum wiederholten Male eine klare Grenze zwischen Zuschlags- und Eignungskriterien gezogen.
Der Jurist Marco Junk gründete im Jahr 2007 den Vergabeblog und 2010 gemeinsam mit Dipl.-Betriebsw. Martin Mündlein das Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW). Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Seit 2022 ist Marco Junk zudem als Leiter Regierungsbeziehungen für Eviden tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.
Damit wird ein Stück weit fraglich, ob die bisherigen Aufweichungen der Trennung, also „leistungsbezogene Eignungskritereien“ so beibehalten werden können. Die OLG’e haben ja bisher insbesondere bei der VOF gewisse Überschneidungen bei der Erfahrung und Qualifikation der Mitarbeiter des Bieters zugelassen. Aus meiner Sicht hat der EuGH hier einen ziemlich krassen Einzelfall richtig entschieden, die sinvolle Rechtsprechung der OLG’e sollte beibehalten werden.