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Die Forderung nach umweltbezogenen Kriterien in Vergabeverfahren ist nicht nur im Oberschwellenbereich durch § 4 Abs.4 bis 10 VgV, sondern auch durch zahlreiche Landestariftreuegesetze in der Unterschwelle verankert worden. In der vorliegenden Entscheidung setzt sich das OLG Düsseldorf vor diesem Hintergrund mit der Frage nach der Forderung einer grünen Umweltplakette für Abschleppfahrzeuge auseinander.
Kommunen haben bei der Vermarktung von Wertstoffen ein förmliches Vergabeverfahren durchzuführen. Nicht dem Kartellvergaberecht unterfallen sogenannte Dienstleistungskonzessionen. Von der Rechtsprechung ist bereits im Jahre 2005 festgestellt worden, dass die Vermarktung von Altpapier keine ausschreibungsfreie Dienstleistungskonzession darstellt. Ebenso wird von der Rechtsprechung im Rahmen der Restabfallsammlung eine Dienstleistungskonzession als unzulässig angesehen, wenn die Kommune einen Dritten beauftragt und den Dritten dadurch Entgeltansprüche gegenüber den Haushalten zustehen sollen. Das OLG Celle hat nunmehr eine Dienstleistungskonzession im Bereich der Alttextilentsorgung als zulässig angesehen. Diese Entscheidung lässt sich auch auf andere wertstoffhaltige Abfälle, wie beispielsweise Altpapier, übertragen.
Der Rechtsschutz im Unterschwellenbereich nimmt zu. Dafür sprechen die zunehmenden Entscheidungen der Landgerichte aus diesem Bereich. Ein unerträglicher Zustand. Der Gesetzgeber hatte damals gar nicht die Absicht, einen solchen Rechtsschutz zuzulassen und hat die Zuständigkeit der Vergabekammern und Vergabesenate auf den Oberschwellenbereich beschränkt. Diese Spruchkörper sind mit der erforderlichen vergaberechtlichen Kompetenz ausgestattet, während die Landgerichte oftmals Neuland betreten müssen. Die Rechtsrealität hat das damalige gesetzgeberische Ansinnen längst überholt, das Ergebnis ist eine Rechtsschutzzersplitterung. Es wird endlich an der Zeit, dass der Gesetzgeber hier tätig wird, spätestens im Rahmen der Umsetzung der neuen Vergabe-Richtlinien.
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Das Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers ist begrenzt durch das Gebot, produktneutral auszuschreiben. Eine Ausnahme hiervon ist (nur) möglich, wenn die Festlegung auf ein bestimmtes Produkt objektiv auftrags- oder sachbezogen ist und der Auftraggeber seine Entscheidung in der Vergabeakte nachvollziehbar begründet.
Unternehmen können in verschiedenen Rollen an einem Vergabeverfahren teilnehmen: als Bietergemeinschaft oder Einzelbieter, als Nachunternehmer mit oder ohne Eignungsrelevanz, als bloßer Lieferant oder im Rahmen bloßer Eignungsleihe. Gerade weniger erfahrene Unternehmen sind sich in der konkreten Einordnung ihrer Partner oft unsicher. Keine Lösung ist es aber, die Einordnung dem Auftraggeber zu überlassen und Partner vorsichtshalber sowohl als Mitglied einer Bietergemeinschaft, als auch als Nachunternehmer zu bezeichnen, wie eine Entscheidung des OLG Hamburg (OLG Hamburg, Beschluss vom 31.03.2014, Az.: 1 Verg 4/13) zeigt.
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Auftragsvergaben im Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb sind unter eng umgrenzten Voraussetzungen zulässig. Der eng auszulegende Ausnahmecharakter dieser Möglichkeit setzt eine Einzelfallabwägung voraus, die nicht dazu führt, dass der Ausnahmefall zum Regelfall wird.
Die dieser Möglichkeit innewohnende Intransparenz führt nicht selten dazu, dass Wettbewerber ein Nachprüfungsverfahren einleiten. Sei es aus grundsätzlichem Misstrauen oder um im Wege der Akteneinsicht Informationen über mögliche Fehler im Vergabeverfahren zu erhalten. Eine solche Beschwerde kann auch von Unternehmen eingereicht werden, die alleine keine erfolgreiche Bewerbung hätten abgeben können.
Es muss gar nicht immer Absicht dahinter stecken, wenn Bieter im Rahmen einzureichender Unterlagen von Vorgaben der Vergabeunterlagen abweichen. Gerade bei komplexeren Vergabeverfahren mit umfangreichen oder auszulegenden Vergabeunterlagen stellt sich hier die Frage, wie Bieter dies am besten vermeiden können.
Um die Erteilung eines öffentlichen Auftrages als vergaberechtsfreies Inhouse-Geschäft qualifizieren zu können, ist nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH u.a. die Voraussetzung der Kontrolle wie über eigene Dienststellen erforderlich. Für den öffentlichen Auftraggeber muss die Möglichkeit gegeben sein, sowohl auf die strategischen Ziele als auch auf die wichtigen Entscheidungen der beauftragten Einrichtung ausschlaggebenden Einfluss zu nehmen; zudem muss die von dem öffentlichen Auftraggeber ausgeübte Kontrolle wirksam, strukturell und funktionell sein (so zuletzt EuGH, Urteil vom 8.5.2014 C-15/13 Datenlotsen Informationssysteme, Rdnr. 26 der Urteilsgründe).
Die Tatsache, dass die Bundeswehr Leistungen ausschreibt, führt nicht automatisch dazu, dass es sich hierbei um verteidigungs- bzw. sicherheitsrelevante Beschaffungsvorgänge im Sinne der VSVgV handelt. Dies und die Frage, welche Anforderungen an den (Fachkunde-) Nachweis zu stellen sind, hat die Vergabekammer beschäftigt und zur Entscheidung vom 17.02.2014 geführt.
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Fordert ein öffentlicher Auftraggeber den Nachweis eines Zertifikates als Entsorgungsfachbetrieb, stellt sich die Frage nach deren Inhalt. Von der Rechtsprechung ist bereits entschieden, dass sich das Zertifikat auf diejenige Niederlassung beziehen muss, die die Leistung auch erbringen soll, auch wenn dies von der Vergabestelle nicht ausdrücklich gefordert wurde. Fraglich ist aber, ob das Zertifikat sich auch auf bestimmte Leistungen (Sammeln, Befördern, Lagern, Behandeln, Verwerten etc.) und/oder bestimmte Abfallarten beziehen muss, wenn dies von der Vergabestelle ebenfalls nicht ausdrücklich gefordert wurde. Hierzu hat das OLG München in seinem Beschluss vom 30.04.2014 Stellung genommen.
Die Zweifel an der Europarechtskonformität der Tariftreue- und Mindestlohngesetze erfahren neue Nahrung. Das OLG Koblenz hat mit Beschluss vom 19. Februar 2014 (1 Verg 8/13) die Regelung des vergabespezifischen Mindestlohns im Landestariftreuegesetz Rheinland-Pfalz (LTTG) dem EuGH zur Überprüfung der Vereinbarkeit mit europäischem Recht vorgelegt. Zuvor hatte bereits die Vergabekammer Arnsberg mit Beschluss vom 22. Oktober 2013 (VK 18/13) den EuGH mit der Frage der Europarechtskonformität des § 18 TVgG-NRW befasst. Ebenso wie die Vergabekammer Arnsberg hegt der Vergabesenat des OLG Koblenz erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit einer Mindestlohnregelung mit europäischem Recht, soweit diese verpflichtend nur für die Vergabe öffentlicher Aufträge gilt.
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Wenn Auftraggeber wegen zu niedriger Preise ausschließen, muss die Preisprüfung regelgerecht erfolgen. Vorher nicht bekanntgemachte Kriterien bergen Risiken.
Reinigungsleistungen sind personalintensiv. Daher wird gerne an der Schraube Personalkosten gedreht. Dies geht bisweilen zu Lasten der Qualität.
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Ein Angebot, das von den vom Auftraggeber vorgegebenen Angebotsbedingungen abweicht, muss auch im VOF-Verhandlungsverfahren zur Wahrung des Gleichbehandlungsgebots gemäß § 97 Abs. 2 GWB von der Wertung ausgeschlossen werden.
Die 1. Vergabekammer des Bundes (VK Bund) hat in ihrer Entscheidung vom 12. Dezember 2013, Az. VK 1 101/13, klargestellt, wann nach erfolgtem Teilnahmewettbewerb in der Angebotsphase eine Rügepflicht der Bieter für erkennbare Vergaberechtsverstöße besteht und wann nicht.
Die Entscheidung betrifft Verhandlungsverfahren, nichtoffene Verfahren und wettbewerbliche Dialoge. In diesen Verfahren gibt es für die Bieter in der Angebotsphase eine Pflicht zur vergaberechtlichen Rüge zunächst nur in Bezug auf solche Vergaberechtsverstöße, die der Bieter positiv erkannt hat. Wird eine solche Rüge unterlassen, führt das dazu, dass der Bieter jedenfalls wegen des erkannten Vergabefehlers kein Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer einleiten kann (sog. Rügepräklusion).
Niedrige Stundenverrechnungssätze rechtfertigen nicht automatisch einen Angebotsausschluss unter Verweis auf damit vermutlich verbundene Mindestlohnunterschreitungen.
Gerade bei der Vergabe standardisierter Dienstleistungen im Niedriglohnsektor, wie Reinigungs- und Sicherheitsdienstleistungen, müssen sich öffentliche Auftraggeber immer wieder mit der Frage auseinandersetzen, wie sie einerseits ihren eigenen Controller oder Haushälter glücklich machen, andrerseits aber der Gefahr entgehen, schlechte Leistungen zu Dumpingpreisen und unter Missachtung gesetzlich normierter Mindestlöhne und Sozialstandards einzukaufen. Die Entscheidung der VK Südbayern vom 14.02.2014 gibt Anlass, sich mit den insoweit bestehenden (Ausschluss-)Rechten der öffentlichen Hand sowie ihren korrespondieren Aufklärungspflichten auseinanderzusetzen.
In wirtschaftlich starken Zeiten nimmt das Interesse von Unternehmen, sich an öffentlichen Ausschreibungen zu beteiligen, ab. Der Wettbewerbsgrundsatz im Vergaberecht bleibt dann auf der Strecke. Fragt man in die Runde, sind die Verlautbarungen ähnlich: Der Kosten-Nutzen-Aufwand lohne sich nicht, die Anforderungen seien häufig überzogen und benachteiligten den Mittelstand, häufig wisse man auch nicht, ob nicht bereits ein Unternehmen vorausgewählt sei, da bewerbe man sich doch lieber bei privaten Unternehmen. Unser Autor Dr. Roderic Ortner ist der Auffassung, dass Entscheidungen wie die nun vorliegende des OLG Celle diesem Trend Vorschub leisten.
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Man könnte den Eindruck gewinnen, dass Wilhelm Busch, von dem dieses Zitat stammt, ein Vorreiter des Vergaberechts war. Bietergemeinschaften sind in Vergabeverfahren öffentlicher Auftraggeber allgegenwärtig. Sie finden sogar ausdrückliche Erwähnung in den Vergabeordnungen. Ihre Erscheinungsformen sind so vielfältig, wie die Motivation der BIEGE-Partner, sich zusammenzuschließen. Dazu zählen wettbewerbsfördernde Motivationen, wie z.B. die Bündelung unterschiedlicher Kompetenzen oder bloßer Synergieeffekte. Aber auch strategische Überlegungen, die zumindest problematisch sind (z.B. der Zusammenschluss mit einem regionalen gut vernetzen und dem Auftraggeber bekannten Unternehmen) oder die klar wettbewerbswidrig sind (Ausschluss konkurrierender Angebote), spielen in der Praxis eine Rolle. Den gesamten Beitrag lesen »
Die Aufhebung einer Ausschreibung ist rechtswidrig, wenn dem Auftraggeber die tatsächlichen Grundlagen diese Entscheidung bereits vor Einleitung des Vergabeverfahrens vorliegen
Fehler passieren. Auch in Vergabeverfahren. Nicht selten werden diese Fehler auch von den Bietern nicht gerügt. Sei es, dass sie diese Fehler nicht erkannt haben, oder dass sie durch die Rüge ihre Chance im Vergabeverfahren nicht beeinträchtigen wollen. Müssen diese Fehler dann korrigiert werden, greift der Auftraggeber nicht selten zu zwei vermeintlichen Allheilmitteln. Zum einen beruft er sich darauf, dass nach dem Bewerbungsbedingungen einen Verzicht auf die Auftragserteilung ausdrücklich vorbehalten ist. Zum anderen die Aufhebung der Ausschreibung. Die Bieter werden dann damit beruhigt, dass Ihnen mitgeteilt wird, es werde derzeit geprüft, „ob eine neue Ausschreibung in gleicher oder veränderter Form erfolgen werde“.
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Bei Konzessionärsauswahl zum Betrieb eines Energieversorgungsnetzes sind vorrangig Kriterien zu berücksichtigen, die das Ziel des § 1 Abs. 1 EnWG konkretisieren. Ansonsten droht Nichtigkeit des Vertrages.
Konzessionsvergaben nach § 46 EnWG sind nicht zuletzt aufgrund der unzureichenden gesetzlichen Regelung durch eine außerordentliche Rechtsunsicherheit für alle Beteiligten geprägt. Gerade im Zuge der „Systementscheidung“ für oder gegen eine (Re-) Kommunalisierung stellen sich zahllose Einzelfragen, denen aufgrund der langen Laufzeit der Konzessionen von meist 20 Jahren eine enorme wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte nun erstmals Gelegenheit, in zwei Revisionsverfahren (Urteile vom 17.12.2013 – KZR 65/12 und KZR 66/12) den Rechtsrahmen für derartige Konzessionsvergaben zu konkretisieren und dabei wertvolle Hinweise zu geben, welche Zuschlagskriterien von den Kommunen im Hinblick auf die Ziele des § 1 EnWG bei der Wertung herangezogen werden dürfen.
Die Vergabestelle plant die Kommunalisierung von Versorgungsnetzen in ihrem Gemeindegebiet. Über ein zu gründendes gemischtwirtschaftliches Unternehmen (Gemeindewerke) sollen Wasserversorgung, Straßenbeleuchtung und Stromvertrieb, später auch die Gasversorgung und andere Aufgaben, betrieben werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.02.2013 – Verg 31/12).