EU-weite Ausschreibung bis der Arzt kommt – so sieht es offenbar die EU-Kommission. Diese hat die Bundesregierung wegen der Vergabe von Rettungsdienstleistungen ohne EU-weite Ausschreibung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagt. Nach Ansicht der Kommission, angetrieben durch ausländische Anbieter von Rettungsdienstleistungen, könne auch bei der Beteiligung ausländischer Dienstleister ein flächendeckender und effektiver Rettungsdienst in Deutschland gewährleistet werden.
Durch die Vergabe der Rettungsdienstleistungen in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags ohne EU-weite Ausschreibung hätten die betreffenden Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen gegen die europäische Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit und gegen die EG-Vergaberichtlinien verstoßen.
An Ansicht der Bundesregierung handelt es sich bei Rettungsdienstleistungen um die Wahrnehmung hoheitlicher und damit nicht den EG-Vergaberichtlinien unterfallenden Aufgaben. Die deutsche Rechtsprechung ist hier uneins: Während das OLG Düsseldorf dies erst im Jahr 2006 ebenso sah, vertrat vor kurzem der Vergabesenat des OLG Dresden im Rahmen zweier Vergabenachprüfungsanträge (Az. Wverg 03/08 und 04/08) eines Leipziger Krankentransportunternehmens gegen die Rettungszweckverbände Nordsachsen und Westsachsen die Ansicht, die Vergabe von Rettungsdienstleistungen sei im Rahmen eines förmlichen, gemeinschaftsrechtskonformen Vergabeverfahrens durchzuführen. Aufgrund der zum OLG Düsseldorf divergierenden Ansicht liegt die Entscheidung darüber nun beim BGH, dem das OLG Dresden die Sache vorlegte. Man darf gespannt sein, wer zuerst entscheidet, der EuGH oder der BGH.
Und: Neben einem Hinweis auf die Blutgruppe sollte man fortan vielleicht auch einen auf die vorhandenen Sprachkenntnisse mit sich führen. Für alle Fälle.
Der Jurist Marco Junk gründete im Jahr 2007 den Vergabeblog und 2010 gemeinsam mit Dipl.-Betriebsw. Martin Mündlein das Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW). Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Seit 2022 ist Marco Junk zudem als Leiter Regierungsbeziehungen für Eviden tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.
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