Die Klägerin hat gegenüber dem Öffentlichen Auftraggeber einen Mehrvergütungsanspruch wegen eines verzögerten Vergabeverfahrens geltend gemacht. In den Ausschreibungsunterlagen war u. a. die Vorgabe enthalten, dass „die Arbeiten im Frühjahr/Sommer 2005 ausgeführt werden“. Im Laufe des Vergabeverfahrens wurde die Zuschlagsfrist mehrfach verlängert, zuletzt bis zum 30.04.2006. Die Klägerin erhielt schließlich im Februar 2006 den Zuschlag im Vergabeverfahren. Der Baubeginn wurde zwischen den Vertragsparteien einvernehmlich auf den 1. April 2006 festgelegt.
Bereits vor Baubeginn reichte die Klägerin Nachtragsangebote über Zusatzkosten ein, die vom Auftraggeber nicht akzeptiert wurden. Die Klägerin begründete die Nachträge damit, dass ihre ursprünglich angebotenen Einheitspreise aufgrund der Verschiebung der Ausführungszeiten der Baumaßnahme sich um die geltend gemachten Mehrkosten erhöht hätten. Der BGH hat das den Anspruch ablehnende Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben. Er führt aus, dass das Berufungsgericht der erklärten Bindefristverlängerung des Bieters zu Unrecht den Inhalt beimisst, im Falle eines fristgerechten Zuschlags die Arbeiten zu dem angebotenen Preis zu dem neuen, sich aus der Fristverlängerung ergebenden Termin auszuführen.
Eine solche Auslegung berücksichtige nicht, dass Erklärungen zur Bindefrist regelmäßig so zu verstehen seien, dass sie im Einklang mit den vergaberechtlichen Bestimmungen stehen. Nach der Begründung des BGH hat die Bindefristverlängerung durch den Bieter nur die Bedeutung, dass das ursprüngliche Vertragsangebot inhaltlich konserviert und die rechtsgeschäftliche Bindungsfrist an das Angebot verlängert werden soll. Nicht enthalten sind hingegen Aussagen dazu, was vertraglich zu gelten hat, wenn die Ausführungsfristen der Ausschreibung und des Angebots nicht mehr eingehalten werden können. Insbesondere ändert der Bieter mit der Bindefristverlängerung sein Angebot nicht hinsichtlich der Ausführungstermine ab.
Auch kann aus der Zuschlagserklärung nicht abgeleitet werden, dass der Vertrag mit einer an den verzögerten Zuschlag angepassten Ausführungszeit angenommen wird.
Vielmehr kann die Zuschlagserklärung bereits keinen anderen Inhalt haben, als die Ausschreibung und das Angebot des Bieters, es sei denn etwas anderes wird klar und unzweideutig zum Ausdruck gebracht.
Weiter führt der BGH aus, dass bei einem Vertragsschluss, bei dem die vereinbarte Ausführungszeit bereits aus tatsächlichen Gründen gegenstandslos ist, ein ersatzloser Wegfall der Ausführungszeit nicht dem Parteiwillen entspricht. Vielmehr sei das Verhalten der Parteien dahin auszulegen, dass der Vertrag bereits bindend geschlossen werden soll, über neue Fristen und Termine, die dem eingetretenen Zeitablauf Rechnung tragen und ihre Folgen auf die Vergütung jedoch noch eine Einigung herbeizuführen ist.
Im konkreten Fall hatten die Parteien sich zwar einvernehmlich auf den geänderten Bau beginn geeinigt, zu den Folgen dieser Änderungen auf die Vergütung jedoch keine Einigung getroffen.
Die daher entstandene Lücke des Vertrags ist durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen, dahingehend, dass der vertragliche Vergütungsanspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B anzupassen ist.
Der zwischen den Parteien zustande gekommene Vertrag enthält damit die Vereinbarung, dass die angebotenen Einheitspreise gelten, jedoch wegen der eingetretenen Verschiebung der Bauzeit Änderungen der Preise in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B in Betracht kommen.
Der Bundesgerichtshof setzt mit diesem Urteil seine dahingehende Rechtsprechung, dass verzögerte Zuschlagsentscheidungen zu einem Mehrvergütungsanspruch des Bieters führen können, wenn die Ausführungsfristen Vertragsbestandteil geworden sind, fort.
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