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DAV für Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte

Der Ausschuss Vergaberecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hat einen “Vorschlag einer gesetzlichen Regelung zum Rechtsschutz unterhalb der EU-Schwellenwerte” unterbreitet.

Das Thema ist zwar alle Jahre wieder virulent, zur Zeit aber wohl erstmals ernsthaft, da das für das Vergaberecht zuständige Wirtschaftsministerium bis Ende 2010 einen Entwurf zur erneuten Reform des Vergaberechts vorlegen soll. Wie es die Spatzen in Berlin bereits von den Dächern pfeifen, ist dabei ein förmlicher Rechtsschutz auch unterhalb der Schwellenwerte sehr wahrscheinlich – was bleibt dem Ministerium auch anderes übrig, denn eben das wurde auf Druck der FDP im Koalitionsvertrag vereinbart.

Danach hält der DAV eine gesetzliche Regelung des Rechtsschutzes bei Unterschwellenvergaben “grundsätzlich für erforderlich”. Besonderes Augenmerk legt er dabei aber auf die Berücksichtigung der Verfahrensbeschleunigung und –Effizienz. Da sich die weit überwiegende Zahl öffentlicher Aufträge unterhalb der Schwellenwerte bewegt, soll der Rechtsschutz so ausgestaltet sein, “dass die Effektivität der öffentlichen Verwaltung möglichst wenig beeinträchtigt wird und der Rechtsschutz sich auf erhebliche Verstöße konzentriert.” Hierfür sollen im 4. Teil des GWB Verfahrenserleichterungen für das Nachprüfungsverfahren bei unterschwelligen Vergaben vorgesehen werden. Von einer Einschränkung des materiellen Prüfungsmaßstabs wird dagegen ausdrücklich abgeraten.

Die Eckpunkte des DAV-Vorschlags:

  • Zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung in Vergabesachen sowie aufgrund der erprobten Praxis sollen die gleichen Spruchkörper wie ab Erreichen der Schwellenwerte für das Nachprüfungsverfahren zuständig sein. Eine Aufspaltung des Vergaberechtsschutzes durch Verweisung auf den allgemeinen Zivilrechtsweg oder den Verwaltungsrechtsweg sei nicht zu begrüßen.
  • Zur Entlastung der Gerichts soll wie im Oberschwellenbereich eine den Vergabekammern entsprechende Vorpüfung eingeführt werden.
  • Auch unterhalb der Schwellenwerte soll eine Vorabinformationspflicht der öffentlichen Auftraggeber entspr. § 101 a GWB (§ 13 VgV a.F.) gelten.
  • Unterhalb einer Bagatellschwelle von einem Auftragswert i.H.v. 10.000 EUR soll eine Nachprüfung nicht möglich sein.
  • Entsprechend § 105 Abs. 3 GWB, der die Möglichkeit der Übertragung der Entscheidung auf einen Berichterstatter vorsieht, soll dies für Vergaben unterhalb der Schwellenwerte der Regelfall sein.
  • Sachverhaltserforschung: Die Beschränkung auf das Vorbringen der Parteien soll die Regel sein.
  • Eine mündliche Verhandlung soll unterbleiben können.

In seiner Begründung verweist der DAV darauf, es habe sich in der anwaltlichen Praxis gezeigt, dass aus Sicht der unterlegenen Bieter die jetzige Beschränkung auf Schadensersatz im Unterschwellenbereich den Interessen der Unternehmen nicht gerecht werde. Zudem hätten die Bieter bereits nach geltender Rechtslage die Möglichkeit, durch einstweilige Verfügung bei dem örtlich zuständigen Landgericht auch im Unterschwellenbereich einen Primärrechtsschutz zu erlangen, wobei der Umfang des gewährten Schutzes allerdings “von mancherlei Zufälligkeiten und Unberechenbarkeiten” geprägt sei.

Der DAV ist der freiwillige Zusammenschluss der deutschen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Er vertritt mit derzeit 67.000 Mitgliedern die Interessen der deutschen Anwaltschaft auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene. Fazit des DAV: “Der Umfang der erforderlichen Rechtsänderungen […] erscheint überschaubar.” – Das mag sein, die Verfahrensdauer dazu sollte man allerdings nicht unterschätzen.

Was meinen Sie? Braucht es einen förmlichen Rechtsschutz der Bieter auch im Unterschwellenbereich? Den Vorschlag des DAV zum Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte finden Sie hier.

Mehr Informationen über den Autor Marco Junk finden Sie im Autorenverzeichnis.

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Über Marco Junk

Der Jurist Marco Junk gründete im Jahr 2007 den Vergabeblog und 2010 gemeinsam mit Dipl.-Betriebsw. Martin Mündlein das Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW). Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Seit 2022 ist Marco Junk zudem als Leiter Regierungsbeziehungen für Eviden tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.

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