Während sich öffentliche Auftraggeber regelmäßig darüber im Klaren sind, welche Anforderungen sie an die Eignung der Bieter und an die zu beschaffenden Gegenstände stellen wollen, unterlaufen ihnen oftmals bei der vergaberechtlich korrekten Umsetzung dieser Anforderungen Fehler. Zu beiden Bereichen hat sich nun das OLG Koblenz in einem instruktiven Beschluss vom 10.06.2010 geäußert.
Keine Pflicht zur Angabe von bieterbezogenen Eignungsnachweisen in der Bekanntmachung
In der Rechtsprechung ist bereits seit längerem überwiegend anerkannt, dass der Auftraggeber von den Bietern nur die Vorlage solcher Eignungsnachweise verlangen darf, die er bereits in der Bekanntmachung unzweideutig gefordert hatte (z. B. OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 12.03.2008, VII Verg 56/07 und vom 12.12.2007, VII Verg 34/07). Auftraggeber können also nicht erst in den Vergabeunterlagen oder sogar noch später Eignungsnachweise von den Bietern abverlangen, wenn sie diese nicht bereits in der Bekanntmachung klar benannt hatten.
Wie ist dann ein Fall zu beurteilen, in dem der Auftraggeber in der Bekanntmachung keinerlei Eignungsnachweise gefordert hat? Ergibt sich hieraus zwangsläufig ein (nach § 107 Abs. 3 Nr. 2 GWB zu rügender) Vergabeverstoß, weil der Auftraggeber im Nachhinein keine Eignungsnachweise mehr fordern darf?
Nein, sagt das OLG Koblenz, denn der Auftraggeber ist vergaberechtlich nicht gezwungen, in der Bekanntmachung Eignungsnachweise zu fordern. Das Nichtfordern von Eignungsnachweisen stelle kein Vergabeverstoß des Auftraggebers dar, der zu rügen wäre. Vielmehr komme ein solcher erst dann in Betracht, wenn der Auftraggeber später einen Bieter mit der Begründung ausschließt, dieser habe geforderte Nachweise nicht vorgelegt.
Was bedeutet die Nichtangabe von Eignungsnachweisen in der Bekanntmachung für das weitere Vergabeverfahren des Auftraggebers? Die Auffassungen hierzu sind unterschiedlich. Teilweise wird vertreten, dass dem Auftraggeber eine wie auch immer geartete Eignungsprüfung der Angebote verwehrt sei (vgl. VK Düsseldorf, VK-43/2008-L, Beschluss vom 21.01.2009). Nach anderer Auffassung führt die fehlende Bekanntgabe von Eignungsnachweisen in der Bekanntmachung zur Unmöglichkeit der Angebotswertung in der zweiten Wertungsstufe (VK Thüringen, Beschluss vom 17.03.2009, 250-4003.20-650/2009). Letztere Auffassung wurde vom OLG Jena jedoch nicht bestätigt. Das OLG Jena hielt im Falle der fehlenden Forderung von Eignungsnachweisen in der Bekanntmachung eine Eignungsprüfung nach § 25 Nr. 2 VOL/A a.F. anhand gleichwohl bekannter Umstände für möglich und auch zwingend (Beschluss vom 18.05.2009, 9 Verg 4/09).
Anforderungen an produktbezogene Eignungsnachweise
Das OLG Koblenz befasste sich in dem Beschluss weiter mit der Frage des Nachweises der „Eignung“ von angebotenen Produkten. Der Auftraggeber hatte gefordert, dass die anzubietenden Produkte von der Bundesanstalt für Straßenwesen zugelassen sind und in einer von dieser Anstalt geführten Freigabeliste enthalten sind.
Diese Festlegung auf eine bestimmte Nachweisführung über die Geeignetheit der anzubietenden Produkte begegnet nach dem OLG Koblenz durchgreifenden vergaberechtlichen Bedenken. Hierbei dürfte eine maßgebliche Rolle gespielt haben, dass eine alternative Nachweisführung der Produkteignung nicht zugelassen war.
Auftraggeber sollten also stets darauf achten, nicht nur das zu beschaffende Produkt im Einklang mit den vergaberechtlichen Vorgaben der Produktneutralität (§ 8 Abs. 7 VOL/A, § 7 Abs. 8 VOB/A) auszuschreiben, sondern auch eventuell geforderte produktbezogene Eignungsnachweise.
Keine Rechtsbehelfsbelehrung bezüglich § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB in der Bekanntmachung erforderlich
Das OLG Koblenz hat sich auch zu der Frage geäußert, ob der Auftraggeber gehalten ist, auf die Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB in der Bekanntmachung im Wege der Rechtsbehelfsbelehrung hinzuweisen. Das OLG lehnt dies mit dem Hinweis ab, es handele sich nicht um eine Rechtsmitteleinlegungsfrist im Sinne des Anhangs VII A – Bekanntmachung Nr. 24 zur VKR.
Mehr Informationen über den Autor Dr. Mathias Mantler finden Sie im Autorenverzeichnis.
Der Autor Dr. Mathias Mantler ist Fachanwalt für Vergaberecht und Partner der Sozietät LUTZ |ABEL Rechtsanwalts PartG mbB und seit über 20 Jahren im Vergaberecht tätig. Er hat seinen Schwerpunkt in der projektbegleitenden Beratung von Öffentlichen Auftraggebern und Unternehmen im Zusammenhang mit Beschaffungsvorhaben insbesondere in den Bereichen Infrastruktur, Health Care, Forschung und Entwicklung sowie IT/Digitalisierung sowie in der Vertretung von Auftraggebern und Unternehmen in Vergabenachprüfungsverfahren. Zudem ist er Autor diverser Fachveröffentlichungen im Vergaberecht und Dozent in vergaberechtlichen Seminaren und Lehrveranstaltungen.
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