Es gibt öffentliche Aufträge, über die darf man sich wundern: So freut sich aktuell die Lex Lingua Gesellschaft für Rechts- und Fachsprache mbH aus Berlin über den Zuschlag auf eine Ausschreibung des Bundesministeriums der Justiz (TED 2013/S 044-069806) im Wert von 2.079717,50 EUR ohne MwSt. Gegenstand: “Die Prüfung von Gesetzentwürfen und von Entwürfen von Rechtsverordnungen der Bundesministerien auf sprachliche Richtigkeit und Verständlichkeit. Der Auftragnehmer erbringt prüfende, beratende und formulierende Leistungen […] erteilt Auskünfte zu einzelnen sprachlichen Problemen (z. B. Rechtschreibung, Grammatik, Wortwahl)“.
Ausweislich der Homepage des Auftragnehmers:
„Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Lex Lingua sind sprachwissenschaftlich ausgebildete Fachkräfte, die für die Bearbeitung von Rechtstexten geschult sind. Das Team des Redaktionsstabs Rechtssprache weiß, worauf es bei Rechtstexten ankommt, und kennt die Balanceschwierigkeiten zwischen Fachsprache und Allgemeinverständlichkeit. Neben der sprachlichen Bearbeitung von Gesetzen verfügen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aber auch über Erfahrung mit Texten aus der Verwaltung.“
Es fällt schwer, hierin irgendetwas zu finden, was im Bundesministerium der Justiz nicht vorhanden sein soll. Vielmehr müsste man unterstellen, dass die sprachlich korrekte Bearbeitung von Rechtstexten jedenfalls in Bundesministerien, die bekanntlich für die Erstellung derselben verantwortlich sind, outgesourct [engl.: Abgabe von Unternehmensaufgaben und -strukturen an Dritte] gehört. Bemerkenswert umso mehr, als dass sich dort die nach Examensnoten destillierte Crème de la Crème [frz., „Sahne der Sahne“] der Jurisprudenz [lateinisch: iuris prudentia] findet, zweimal Prädikatsexamen [ab 9,0 Punkten] sind bei Stellengesuchen Usus [allgemein: das, was üblich ist], das BMJ bevorzugt dem Vernehmen nach sogar KandidatInnen darüber.
Wir erinnern uns, „die Amtsprache ist Deutsch“ (§ 23 Abs. 1 VwVfG). Einen gute/n Juristen/in macht dabei insbesondere aus, dass er sie perfekt beherrscht. Damit das, was Recht ist, eindeutig und nicht beliebig wird. Auch der Vergabeblog beweist, dass dies durchaus möglich ist. Und sollte es dennoch einmal Zweifel geben, bleiben immer noch die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung.
Dazu lernen Juristen übrigens im ersten Semester zur sog. grammatikalischen Auslegung, d.h. nach dem Wortlaut der Norm, dass das Recht für das Volk da ist und daher nach Möglichkeit von diesem Verstanden werden sollte.
Der Autor Marco Junk ist Gründer des Vergabeblogs. Er war Bereichsleiter Vergaberecht beim Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) und leitete im Jahr 2011 die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck. Seit 2012 ist er Mitglied der Geschäftsleitung des BITKOM. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.
Thema im Deutschen Vergabenetzwerk (DVNW) diskutieren.
Marco Junk
Der Jurist Marco Junk gründete im Jahr 2007 den Vergabeblog und 2010 gemeinsam mit Dipl.-Kaufmann Martin Mündlein das Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW). Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Seit 2022 ist Marco Junk zudem als Leiter Regierungsbeziehungen für Eviden tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.
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