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Entlastung der Vergabestellen durch ChatGPT in der Vergabepraxis?

Cloud-ComputingChatGPT (Generative Pre-trained Transformer) ist mittlerweile in vielfältigen Bereichen in aller Munde. Es handelt sich um einen Chatbot des Unternehmens OpenAI in Form eines textbasierten Dialogsystems als Benutzerschnittstelle, der auf maschinellem Lernen beruht; also um das, was als künstliche Intelligenz bezeichnet wird.

Es gibt unterschiedliche Versionen; kürzlich erschien die Version 4.0 von GPT, die die Fähigkeiten von ChatGPT zusätzlich erweitert. GPT-4 ermöglicht sogar eine Bildeingabe und die Analyse und Beschreibung von Skizzen und Fotos. Es ist möglich, abfotografierte Aufgaben aus Büchern lösen zu lassen. Wissenschaftliche Arbeiten können hochgeladen werden, um eine Zusammenfassung generieren zu lassen. Examensprüfungen konnte GPT-4 bei Tests in den USA mit Auszeichnung erledigen. Komplizierte Steuerfragen werden beantwortet (Wikipedia, ChatGPT, 2023).

Vor dem Hintergrund dieser umfangreichen Fähigkeiten der künstlichen Intelligenz stellt sich die Frage, in welcher Weise ChatGPT Vergabestellen in der Vergabepraxis bzw. der täglichen Arbeit entlasten oder sogar ablösen kann.

Zu diesem Zweck hat der Autor ChatGPT die folgenden Fragen gestellt und die Antworten unverändert wiedergegeben, wobei die Beantwortung der ersten drei Fragen eine Art Reproduktion und die letzten zwei Subsumtion bzw. Eigenbeurteilung erfordern.

I. Vergaberechtliche Fragen

  1. Was ist das öffentliche Vergaberecht?
  2. Welche vergaberechtlichen Verfahrensarten gibt es?
  3. Welche Stufen der vergaberechtlichen Angebotsprüfung gibt es?
  4. Besteht ein Alleinstellungsmerkmal, wenn eine Leistung beschafft wird, auf die ausschließlich Unternehmen A ein Patentrecht hat?
  5. Liegt besondere Dringlichkeit vor, wenn die Vergabestelle Sandsäcke wegen eines Hochwassers beschaffen muss?

II. Antworten von ChatGPT

1. Was ist das öffentliche Vergaberecht ?

„Das öffentliche Vergaberecht ist ein Teil des öffentlichen Rechts, der die Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber regelt. Öffentliche Auftraggeber sind in der Regel staatliche Stellen wie Behörden, Kommunen oder öffentliche Unternehmen, die Leistungen oder Waren von privaten Unternehmen benötigen, um ihre Aufgaben zu erfüllen.
Das öffentliche Vergaberecht hat das Ziel, einen fairen Wettbewerb zwischen den Anbietern zu gewährleisten und den öffentlichen Auftraggeber zu einem möglichst wirtschaftlichen und effizienten Einsatz von öffentlichen Mitteln zu verpflichten. Dazu gibt es verschiedene Verfahrensarten wie die öffentliche Ausschreibung, das nicht offene und das offene Verfahren sowie das Verhandlungsverfahren.
Die Vergaberegelungen sind dabei streng formalisiert und unterliegen nationalen und europäischen Vorgaben. Das öffentliche Vergaberecht ist also eine wichtige Grundlage für eine transparente und gerechte Vergabe von öffentlichen Aufträgen.“

2. Welche vergaberechtlichen Verfahrensarten gibt es?

„Es gibt verschiedene vergaberechtliche Verfahrensarten, die in der öffentlichen Auftragsvergabe angewendet werden können. Hier sind einige der wichtigsten Verfahrensarten:

Offenes Verfahren: Dies ist das grundlegende Verfahren, bei dem jedes Unternehmen die Möglichkeit hat, ein Angebot abzugeben. Die Ausschreibung wird öffentlich bekannt gemacht, und alle interessierten Unternehmen können ein Angebot abgeben.
Nichtoffenes Verfahren: Hier werden im ersten Schritt nur bestimmte Unternehmen eingeladen, ein Angebot abzugeben. Nach einer Vorauswahl werden die ausgewählten Unternehmen zur Abgabe eines Angebots aufgefordert.
Verhandlungsverfahren: In diesem Verfahrensmodell können Verhandlungen mit den Bietern geführt werden, um das Angebot zu optimieren oder um Unklarheiten zu beseitigen. Dieses Verfahrensmodell wird nur unter bestimmten Voraussetzungen angewendet.
Wettbewerblicher Dialog: Dieses Verfahrensmodell wird für komplexe Beschaffungsvorhaben mit besonderen Anforderungen eingesetzt. Hier wird ein strukturierter Dialog zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und den Bietern geführt.
Innovationspartnerschaft: Dieses Verfahrensmodell wird für innovative Beschaffungsvorhaben eingesetzt. Hier werden in einem ersten Schritt Unternehmen aufgerufen, Konzepte für eine innovative Lösung zu entwickeln. Im Anschluss wird ein Wettbewerb zwischen den ausgewählten Unternehmen durchgeführt, um die beste Lösung zu finden.

Es gibt auch weitere Verfahrensarten wie beispielsweise das elektronische Auktionsverfahren oder das dynamische Beschaffungssystem. Die Wahl der Verfahrensart hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Art und dem Umfang des Beschaffungsvorhabens.“

3. Welche Stufen der vergaberechtlichen Angebotsprüfung gibt es?

„Die vergaberechtliche Angebotsprüfung kann in mehrere Stufen unterteilt werden, um sicherzustellen, dass das eingereichte Angebot den Anforderungen der Vergabevorschriften entspricht. Hier sind die wichtigsten Stufen der Angebotsprüfung:

Formelle Prüfung: In dieser Stufe wird geprüft, ob das eingereichte Angebot formell korrekt und vollständig ist. Dabei geht es beispielsweise um die Einhaltung von Fristen, die Vollständigkeit der Angebotsunterlagen und die Einhaltung von formalen Vorgaben wie der Form des Angebots.
Eignungsprüfung: In dieser Stufe wird geprüft, ob das Unternehmen, das das Angebot abgegeben hat, die erforderlichen Eignungskriterien erfüllt. Dazu gehört beispielsweise die finanzielle Leistungsfähigkeit, die fachliche und technische Leistungsfähigkeit und die Zuverlässigkeit.
Zuschlagskriterien: In dieser Stufe werden die Angebote der Bieter nach den Zuschlagskriterien bewertet. Diese Kriterien können beispielsweise der Preis, die Qualität, die Erfüllung von Nachhaltigkeitsanforderungen oder die Erfüllung von technischen Anforderungen sein.
Wertung und Rangfolge: In dieser Stufe werden die eingereichten Angebote anhand der Zuschlagskriterien bewertet und gerankt. Dabei wird das beste Angebot ermittelt.
Nachprüfung: Diese Stufe ist optional, aber in vielen Fällen vorgesehen. Hier haben Bieter, die mit der Entscheidung der Vergabestelle nicht einverstanden sind, die Möglichkeit, eine Nachprüfung durchzuführen und die Entscheidung der Vergabestelle überprüfen zu lassen.

Diese Stufen können je nach Vergabeverfahren und Auftragsart variieren. Die Vergabestelle muss jedoch sicherstellen, dass die Angebote nach den Vergabevorschriften geprüft und bewertet werden.“

4. Besteht ein Alleinstellungsmerkmal, wenn eine Leistung beschafft wird, auf die ausschließlich Unternehmen A ein Patentrecht hat?

„Wenn eine Leistung beschafft wird, auf die ausschließlich Unternehmen A ein Patentrecht hat, kann dies ein Alleinstellungsmerkmal darstellen. Durch das Patentrecht hat das Unternehmen A das ausschließliche Recht, die betreffende Leistung herzustellen und zu verkaufen. Andere Unternehmen dürfen die Leistung ohne die Genehmigung von Unternehmen A nicht produzieren oder vertreiben.
In der öffentlichen Auftragsvergabe muss jedoch der Grundsatz der Gleichbehandlung und des Wettbewerbs gewahrt bleiben. Wenn nur Unternehmen A die betreffende Leistung produzieren und verkaufen darf, ist es möglich, dass das Vergabeverfahren unter Beachtung dieses Alleinstellungsmerkmals durchgeführt wird. Dies bedeutet, dass nur Unternehmen A zur Angebotsabgabe aufgefordert wird und das Vergabeverfahren somit auf eine begrenzte Anzahl von Anbietern beschränkt ist.
Allerdings muss in einem solchen Fall auch geprüft werden, ob das Alleinstellungsmerkmal tatsächlich unvermeidbar ist und ob eine solche Einschränkung des Wettbewerbs tatsächlich gerechtfertigt ist. Wenn es alternative Leistungen gibt, die vergleichbar sind und von anderen Unternehmen angeboten werden können, muss das Vergabeverfahren gegebenenfalls neu gestaltet werden, um den Wettbewerb zu gewährleisten.“

5. Liegt besondere Dringlichkeit vor, wenn die Vergabestelle Sandsäcke wegen eines Hochwassers beschaffen muss?

„Ja, in diesem Fall kann eine besondere Dringlichkeit vorliegen, die es rechtfertigt, das Vergabeverfahren zu beschleunigen oder sogar ausnahmsweise zu unterlassen.
Im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe müssen die Grundsätze der Transparenz, der Gleichbehandlung und des Wettbewerbs eingehalten werden. In der Regel müssen die Vergabestellen die Aufträge daher in einem formalisierten Verfahren ausschreiben und eine angemessene Frist für die Angebotsabgabe einräumen.
Allerdings gibt es Ausnahmen von diesem Grundsatz, wenn eine besondere Dringlichkeit vorliegt. Im Falle eines Hochwassers kann es sein, dass schnelles Handeln erforderlich ist, um Schäden zu minimieren und Gefahren für die Bevölkerung abzuwenden. In solchen Fällen kann die Vergabestelle die Beschaffung der Sandsäcke ohne Ausschreibung direkt an einen geeigneten Anbieter vergeben, sofern dies aufgrund der Dringlichkeit zwingend erforderlich ist.
Es muss jedoch betont werden, dass eine solche Ausnahme nur unter engen Voraussetzungen zulässig ist und dass die Vergabestelle in jedem Fall sicherstellen muss, dass sie transparent und nachvollziehbar handelt. Die Vergabestelle muss beispielsweise dokumentieren, welche Gründe für die Dringlichkeit vorliegen und warum keine andere Beschaffungsmöglichkeit bestand.“

III. Entlastung der Vergabestelle in der Vergabepraxis durch ChatGPT?

Ja, ChatGPT kann die Vergabestelle in der Vergabepraxis entlasten, indem es eine Vielzahl von Aufgaben übernimmt, die bisher manuell von Vergabesachbearbeitern durchgeführt wurden. Hier sind einige Beispiele dafür, wie ChatGPT die Vergabestelle unterstützen kann:

  • Erstellung von Vergabeunterlagen: ChatGPT kann Vergabestellen bei der Erstellung von Vergabeunterlagen unterstützen, indem es beispielsweise Textbausteine und Vorlagen bereitstellt oder bei der Formulierung von Ausschreibungen unterstützt.
  • Prüfung von Angeboten: Vergabestellen erhalten oft eine Vielzahl von Angeboten und müssen diese sorgfältig prüfen, um das beste Angebot auszuwählen. ChatGPT kann dabei helfen, diese Aufgabe zu vereinfachen, indem es die Angebote automatisch auf Einhaltung der Vergabevorschriften prüft und Unregelmäßigkeiten erkennt.
  • Bewertung von Angeboten: ChatGPT kann Vergabestellen bei der Bewertung von Angeboten unterstützen, indem es beispielsweise KI-Systeme einsetzt, um die Qualität der Angebote zu bewerten und zu vergleichen.
  • Erstellung von Berichten und Protokollen: ChatGPT kann Vergabestellen bei der Erstellung von Berichten und Protokollen unterstützen, die im Rahmen des Vergabeverfahrens erstellt werden müssen.
  • Überwachung von Verträgen: ChatGPT kann Vergabestellen bei der Überwachung von Verträgen unterstützen, indem es beispielsweise die Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen überwacht oder die Rechnungsstellung und Zahlungsabwicklung automatisiert.

Insgesamt kann ChatGPT die Vergabestelle in der Vergabepraxis entlasten, indem es viele zeitaufwändige und repetitive Aufgaben automatisiert und damit die Effizienz und Genauigkeit erhöht. Dies kann dazu beitragen, den Vergabeprozess zu beschleunigen und die Qualität der Ergebnisse zu verbessern.

IV. Bewertung

Im Ergebnis ist dieser Beitrag damit im Wesentlichen eine Leistung von ChatGPT, nicht die des Autors.

Jedem Vergabepraktiker sollte die Beurteilung, ob die Antworten der künstlichen Intelligenz für ihn überzeugend sind, letztendlich selbst überlassen werden. Die Antworten des Bots ChatGPT zumindest auf die oben dargestellten Fragen sind nach Ansicht des Autors mehr als nur praxistauglich. Sie haben nach Erfahrung des Autors auf der einen Seite mehr Output als Vergabelaien. Vergabepraktiker würden die Antworten jedoch auf der anderen Seite durchaus genauer und präziser fassen.

Wer meint, dass die Antworten ihn nicht überzeugt haben, der möge sich die Frage stellen, ob ihm aufgefallen ist, dass Teil IV dieses Beitrags zur Frage „Entlastung der Vergabestelle in der Vergabepraxis durch ChatGPT?“ nicht vom Autor, sondern ausschließlich von ChatGPT verfasst wurde. Bejaht man diese Frage, dann dürfte ChatGPT sicherlich als erkennbar fehlerbehaftet bzw. nicht von Menschenhand stammend betrachtet werden. Verneint man diese Frage, dann dürfte ChatGPT bereits jetzt bei den oben gestellten Fragen als derart fortgeschritten beurteilt werden, dass es für die Praxis in bestimmten Teilbereichen verwendbar sein dürfte, weil der Unterschied kaum ersichtlich wird.

Bei der Qualität der oben dargestellten vergaberechtlichen Fragen sollte derzeit zumindest festgestellt werden, dass ChatGPT bei der täglichen Arbeit der Vergabestellen durchaus behilflich sein kann, indem es grundsätzliche Anfragen der Fachbereiche bzw. der Bedarfsträger, auch juristisch, beantworten kann, was zu einer erheblichen Entlastung der Vergabestelle führen kann, die sodann zeitliche Kapazitäten für die „eigentlichen“ vergaberechtlichen Tätigkeiten bzw. Aufgaben hätte. Sicherlich befindet sich ChatGPT der Version 4 in einem Stadium, das eine Überprüfung der erfahrenen und qualifizierten Vergabepraktiker bzw. Vergabemitarbeiter erforderlich macht, da die Antworten von ChatGPT zuweilen zwischen Genie und Wahnsinn liegen. Zu großen Teilen beantworten ChatGPT vergaberechtliche Fragen aber schon so überzeugend und zutreffend, dass man sich den Chatbot in der Vergabepraxis in verschiedenen Stadien der Vorbereitung und Durchführung des Vergabeverfahrens bestens zu Nutze machen kann.

V. Fazit

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Chatbot ChatGPT in seiner aktuellsten Version zu großen Teilen überzeugende und zutreffende Antworten auf vergaberechtliche Anfragen liefern kann. Dennoch ist Vorsicht und Achtung geboten, weil die Ergebnisse teilweise zwischen Genie und Wahnsinn liegen. Daher ist eine Über- bzw. Gegenprüfung von erfahrenen und qualifizierten Vergabepraktikern erforderlich, um möglichen Fehlern vorzubeugen bzw. diese zu vermeiden.

ChatGPT sollte jedoch nach Ansicht des Autors uneingeschränkt nicht als Gefahr, sondern als eine großartige Möglichkeit der Entlastung begriffen werden, die bei stetiger Optimierung und Weiterentwicklung ein enormes Zukunftspotential für Unterstützungen in Vergabeverfahren zu Gunsten von Vergabestellen hat.

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Über Michael Pilarski

Der Autor Michael Pilarski ist als Volljurist bei der Investitions- und Förderbank des Landes Niedersachsen – NBank – in Hannover tätig. Als Prüfer, insbesondere der Vergaberechtsstelle, lag sein Schwerpunkt mehrere Jahre in den Bereichen Zuwendungs- und Vergaberecht. Er hat die Einhaltung des Zuwendungs- und Vergaberechts durch private und öffentliche Auftraggeber, die Förderungen aus öffentlichen Mitteln erhalten, geprüft und Zuwendungsempfänger bei zuwendungs- und vergaberechtlichen Fragestellungen begleitet. Nunmehr ist er in der Rechtsabteilung der NBank in den Bereichen Vergabe-, Vertrags- sowie Auslagerungsmanagement beschäftigt. Darüber hinaus sitzt er der Vergabekammer Niedersachsen beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in Lüneburg bei, ist zugelassener Rechtsanwalt und übernimmt Referententätigkeiten sowie Schulungen im Zuwendungs- und Vergaberecht.

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9 Kommentare

  1. Manuel Ziegler

    Schöner Beitrag!
    Ich habe ChatGPT mal um die Zusammenfassung von Urteilen gebeten.
    Dort fantasiert es aktuell noch vor sich her; zwar sind die Fantasiefälle vergaberechtlich stets nachvollziehbar gelöst, aber es passt eben überhaupt nicht zum Urteil.

    Ein paar Anmerkungen zu den Anwendungsbeispielen.

    Vergabeunterlagen: Ggf. für das LV spannend; ansonsten gibt es ja die Formblätter.

    Angebotsprüfung/-bewertung: Die aktuelle Version kann das definitiv nicht. Künftig aber denkbar bzw. ggf. schon bieterseitig einsetzbar (Verminderung des Ausschlussrisikos).
    Bei der Bewertung bin ich skeptisch, da es hier ja einen subjektiven Einschlag gibt, der auch von den VKs und OLGs nur eingeschränkt überprübar ist, aber als erster Stimmungstest könnte es bei umfangreichen Konzeptvorstellungen sicherlich für die Sachbearbeitung dienlich sein, auch wenn man dann ggf. ein Vorurteil hat, das man selbst nur schwer wieder ausräumen kann.

    Vertragsüberwachung: Puh, das wird schwierig. da ChatGPT bislang ja nur „google“-mäßig ansprechbar ist.
    Wem die gute, alte Excel-Liste nicht reicht, wird sicherlich auf dem Markt schon eine entsprechende Softwarelösung finden.

    Ausblick:
    Könnte eine Vergabeplattform einen BOT/KI einsetzen, der vor der Einreichung von vergaberechtswidrigen Angeboten schützt bzw. warnt?
    Es gibt da teils ja schon Plausibilitätsprüfungen. Das wäre m.E. das spannendste Feld.
    öAG-seitig könnte dann bei Einreichung trotz Warnung ebenfalls darauf hingewiesen werden, aber könnte das sowiet gehen, dass man sich auf die KI komplett verlassen könnte? Ich denke nicht.

    Reply

  2. Oliver Weihrauch

    Ich bin mir nicht sicher, ob die Unterstützung durch AI die nahe, mittlere oder ferne Zukunft ist. ABER, solange ChatGPT auf einem Kenntnisstand von Ende 2021 beruht. sollte jeder Nutzer sehr vorsichtig sein. Das ist z.B. die Antwort auf die Frage nach den aktuell geltenden Schwellenwerte:
    „Die Schwellenwerte für europaweite Vergabeverfahren sind gesetzlich festgelegt und werden regelmäßig angepasst. Zum Zeitpunkt meines Wissenstandes (September 2021) gelten folgende Schwellenwerte gemäß der EU-Vergaberichtlinien:

    Liefer- und Dienstleistungsaufträge (ohne soziale und andere besondere Dienstleistungen):
    139.000 Euro (netto) für zentrale öffentliche Auftraggeber wie die Europäische Kommission oder die Europäische Zentralbank
    214.000 Euro (netto) für alle anderen öffentlichen Auftraggeber wie beispielsweise öffentliche Verwaltungen, Krankenhäuser oder Universitäten
    Bauleistungen:
    5.548.000 Euro (netto)“.
    Und aktuelle Rechtsprechung ist demgemäß auch noch nicht berücksichtigt. Aber wir dürfen gespannt sein ….

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  3. Wolfgang Bartsch

    Um ein Haar wäre ich auf Ihren Aprilscherz hereingefallen, Herr Pilarski.

    Aber ich habe eben ChatGPT auch mal zu „Was ist das öffentliche Vergaberecht?“ befragt mit folgender Antwort:

    „Das öffentliche Vergaberecht ist ein Gesetz, das aussieht wie ein dickes Telefonbuch, aber sich liest wie eine Gebrauchsanweisung für einen Fön in chinesischer Sprache. Es regelt, wie öffentliche Aufträge vergeben werden müssen, damit alles fair und transparent abläuft.

    Das klingt ja erstmal ganz vernünftig, aber wie so oft im Leben steckt der Teufel im Detail. Da gibt es Formulare, die man ausfüllen muss, als hätte man eine Doktorarbeit zu schreiben. Da gibt es Fristen, die man einhalten muss, als hätte man einen Zug zu erwischen. Und da gibt es Ausschlusskriterien, die so kompliziert sind, dass man besser einen Anwalt hinzuzieht.

    Aber das Schlimmste ist, dass man als Bieter nie so richtig sicher sein kann, ob man am Ende den Zuschlag bekommt. Denn es kommt nicht nur auf den Preis an, sondern auch auf eine ganze Reihe anderer Kriterien, die manchmal völlig willkürlich wirken.

    Kurz gesagt: Das öffentliche Vergaberecht ist ein Bürokratiemonster, das die Nerven strapaziert und die Haare zu Berge stehen lässt. Aber solange man es mit Humor nimmt, kann man auch als Bieter irgendwann mal wieder lachen – wenn man den Auftrag denn bekommt.“

    Reply

  4. Michael Pilarski

    Guten Abend die Herren,

    Es freut mich natürlich, dass der Beitrag zu so viel Diskussion anregt.

    Zunächst: Ich habe tatsächlich ChatGPT erst mit solchen „einfachen“ Fragen getestet, deren Antworten im Wesentlichen eine Reproduktion von Wissen enthalten, das im Internet abrufbar ist. Auch bei den beiden letzten Fragen ist zwar natürlich eine Art Subsumtion bzw. Eigenbeurteilung erforderlich, jedoch jeweils auf eine sehr kurze und beschränkte Frage, deren Beantwortung sich im Wesentlichen auch aus dem Internet aus frei zugänglichen Informationen ableiten lässt.

    Die Zusammenfassung von Urteilen oder das Heraussuchen zum eingespeisten Sachverhalt passender Urteile im Hinblick auf die insbesondere rechtlich wirklich relevanten Kernaussagen ist da sicherlich schon eine andere Herausforderung, die im Übrigen aber auch viele Menschen schon allein vor große Schwierigkeiten stellt. Zumal ChatGPT auch jetzt noch eine Zeichenbegrenzung hat.

    Hinsichtlich der Leistungsbeschreibung habe ich versucht eine Leistung mit wenig kurzen Sätzen einzugeben und eine klare Marke vorzugeben. Da hat ChatGPT in der Antwort direkt darauf aufmerksam gemacht, dass dies nicht zulässig ist und die Vergabestelle objektiv rechtfertigende Gründe hierfür nachweisen können muss. Insoweit sollte diese Antwort schon brauchbar sein.

    Da ChatGPT in der neuesten Version wohl sogar Bilder nach Eingabe interpretieren kann, dürfte teilweise auch eine formale Angebotsprüfung unter Umständen möglich sein (z.B. Textform, Frist u.ä. ).

    Die Bewertung ist, wie Sie schon sagen, eine besondere Herausforderung, weil es einen Beurteilungsspielraum der Vergabestelle betrifft, der selbst von Kammern und Gerichten nur eingeschränkt überprüfbar ist. Für Zuschlagskriterien jedoch, die leichter messbar sind bzw. denen Kennzahlen hinterlegt sind, dürfte aber auch dies durchaus denkbar sein.

    Da in der neuesten Version auch Bildeingaben möglich sind, gehe ich davon aus, dass eingescannte Verträge durch ChatGPT so lesbar und interpretierbar sein werden, dass eine Kündigungsfrist durchaus herausgelesen werden könnte, aber das habe ich ehrlicherweise noch nicht getestet.

    Sehr interessant ist der Ansatz, dass ChatGPT eine Art Plausibilitätsprüfung bei Abgabe der Angebote auf den Plattformen bzw. beim Hochladen der Unterlagen durchführen könnte. Das wäre sowohl für Bieter als auch für die Vergabestelle ein Segen, unnötige Ausschlüsse würden vermieden werden. Eine solche technische Einbindung per Schnittstelle muss an dieser Stelle aber tatsächlich den IT-Experten überlassen bleiben, hier eine Prognose für die Möglichkeiten abzugeben, möchte ich mir nicht anmaßen.

    Es wird, wie die Vorredner bereits angesprochen haben, auf die Aktualität der Datenlage ankommen. Insbesondere bei vergaberechtlichen Aspekten, die sehr dynamischen Entwicklungen unterliegen, ist die Aktualität ausschlaggebend. Bei einer Frage wie „Was ist das öffentliche Vergaberecht“, wird sich auch im Laufe der Zeit nicht besonders viel ändern. Bei Sachverhalten wie den EU-Schwellenwerten oder, bei denen die Rechtsprechung uneins ist oder sich kürzlich geändert haben sollte, wird es auf die Aktualität maßgeblich ankommen.

    Klar muss derzeit und zumindest in naher Zukunft sein, dass die Antworten zwingend von erfahrenen Vergabepraktikern gegengecheckt werden müssen. Dennoch wird ChatGPT meiner Ansicht nach eine enorme Entlastung sein können, wenn ich mir bspw. vorstelle, dass der Bedarfsträger an mich zum 10- oder 15-mal die gleiche Frage stellt, ob wirklich unbedingt das Vergaberecht anwendbar ist und ob ein Vergabeverfahren überhaupt durchgeführt werden muss, dann wird der Bedarfsträger dort schon regelmäßig der Bedarfsstelle selbst antworten bzw. die E-Mail schon selbst formulieren können.

    Ein abschließender Aspekt ist zudem noch meiner Ansicht nach zu berücksichtigen. Nicht jede fehlerbehaftete Antwort ist ein Mangel von ChatGPT. Wie es in der Kommunikation zwischen Menschen einen Sender und einen Empfänger gibt, die auf der gleichen „Frequenz“ kommunizieren müssen, so gilt dies übertragend auch auf ChatGPT. Wenn bestimmte Kriterien an den Prompt beachtet werden, dann wird die Korrektheit bzw. Brauchbarkeit der Antworten umso wahrscheinlicher gewährleistet.

    Beste Grüße

    Reply

  5. Andreas Bock

    Herzlichen Dank, Herr Pilarski, für den spannenden Beitrag! Denjenigen, die sich mit den Perspektiven von KI allgemein sowie für unsere tägliche Arbeit beschäftigen, darf ich einen Beitrag aus der aktuellen c’t (c’t 2023, Heft 9, Seite 126 ff.; „Schneller als gedacht – ChatGPT zwischen wirtschaftlicher Effizienz und menschlichem Wunschdenken“) empfehlen. Der Unterschied zwischen Syntax und Semantik kann eine wohltuende Wirkung entfalten.

    Mit besten Grüßen

    Reply

  6. Michael Pilarski

    Hallo Herr Bock, vielen Dank für den guten Hinweis.

    Grüße

    Reply

  7. Michael Singer

    Interessanter Beitrag – ich hatte kürzlich auch einen entsprechenden Versuch unternommen und nach der VO PR 30/53 gefragt. Als Antwort kam zunächst:

    „Nach meinen vorliegenden Informationen bezieht sich die Bezeichnung „VOPR 30 Mk 53″ auf eine Torpedo-Munition. Genauer gesagt handelt es sich dabei um einen Seezieltorpedo der deutschen Marine. Der Torpedo VOPR 30 Mk 53 wurde von der Firma Atlas Elektronik entwickelt und ist für den Einsatz gegen Schiffe und U-Boote vorgesehen. Es handelt sich um eine moderne und leistungsfähige Waffe, die verschiedene Sensoren und Suchsysteme verwendet, um ihr Ziel zu verfolgen und zu treffen. Bitte beachten Sie, dass meine Informationen bis September 2021 auf dem neuesten Stand sind, und es ist möglich, dass es seitdem neue Entwicklungen in Bezug auf diese Munition oder ähnliche Waffensysteme gegeben hat.“

    Schöne und schnelle Antwort – aber leider total falsch.
    Beim zweiten Versuch kam die Antwort:

    „Nach weiteren Recherchen und basierend auf meinem Wissensstand bis September 2021 konnte ich keine spezifische Information über die genaue Bezeichnung „VO PR 30/53″ finden. Es ist möglich, dass es sich um eine weniger bekannte oder spezifische Abkürzung oder Bezeichnung handelt, die nicht öffentlich zugänglich ist oder die ich nicht kenne.“

    Zwar keine Antwort die ich erwartete aber es stimmt zumindest wahrscheinlich, dass es sich um „eine weniger bekannte Abkürzung und Bezeichnung“ handelt. Einen Versuch war es wert.

    Reply

  8. Wolfgang Bartsch

    Hallo Herr Singer,

    probieren Sie mal die folgenden Prompts:

    „Erkläre mir die VO PR 30/53 für öffentliche Aufträge“
    „Erläutere die wesentlichen Begriffe aus der VO PR 30/53 “

    Dann werden die Antworten zumindest einschlägiger.

    Aber sind die Antworten auch ausreichend gut?

    Reply

  9. Dieter Stolle

    Moin Herr Singer,

    mich würde der rechtlichen Seite von Ausschreibungen in Verhältnis allgemeinen KI Systemen wie ChatGPT brennend interessieren.

    Ich denke, das man jeden Ausschreibungstext einzeln auf rechtliche Auswirkungen prüfen muss.

    z.B. Unternehmens Interna, Sicherheit usw.

    Reply

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