Erst der Widerstand gegen die Ausweitung des Euro-Rettungsschirmes, jetzt der EU-Richtlinienvorschlag zur Konzessionsvergabe: Deutschland probt in angenehm ungewohnter Manier den Aufstand: Der Bundesrat hat in seiner seiner 893. Sitzung am 2. März 2012 gemäß Artikel 12 b EUV beschlossen, eine Subsidiaritätsrüge gegen den Vorschlag der EU-Kommission zu erheben, mit dem diese einen Rechtsrahmen für Konzessionsvergaben setzen will.
Fehlende Zuständigkeit
Die Länder sind der Auffassung, dass der Vorschlag mit dem Subsidiaritätsprinzip nicht im Einklang steht, weil die Kommission nicht ausreichend dargelegt, warum eine Regelung der Dienstleistungskonzession auf europäischer Ebene erforderlich ist. Denn nach Artikel 5 Absatz 3 EUV dürfe die EU in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig werden, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind. Dies sei bei der Vergabe von Konzessionen aber nicht der Fall. Zudem sei durch den zum 1.12.2009 in Kraft getretenen Vertrag von Lissabon der Spielraum der EU, eine allgemeine Regelung für Dienstleistungskonzessionen zu schaffen, die auch Kommunen betrifft, nochmals eingeschränkt worden. Denn die EU habe nach Artikel 4 Absatz 2 Satz 1 EUV die jeweilige nationale Identität der Mitgliedstaaten zu achten, die in ihren grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen, einschließlich der regionalen und lokalen Selbstverwaltung, zum Ausdruck komme. Kommunale Gestaltungs- und Verhandlungsspielräume müssten erhalten und insbesondere die Belange der kommunalen Daseinsvorsorge besonders berücksichtigt werden.
Zudem seien Dienstleistungskonzessionen gegenwärtig gemäß Artikel 17 der Richtlinie 2004/18/EG (Vergabekoordinierungsrichtlinie) und Artikel 18 der Richtlinie 2004/17/EG (Sektorenrichtlinie) nach einer bewussten Entscheidung des EU-Gesetzgebers vom Anwendungsbereich des Vergaberechts ausgenommen. Dies deshalb, um den Besonderheiten der Dienstleistungskonzessionen in den einzelnen Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen und den öffentlichen Auftraggebern und Auftragnehmern eine gewisse Flexibilität zu ermöglichen.
Rettungsdienstleistungen
Von der neuen Richtlinie wäre insbesondere auch die Vergabe von Rettungsdienstleistungen betroffen. Der Rettungsdienst, betont der Bundesrat in seinem Beschluss, falle unter die ausschließliche Zuständigkeit der Länder, wobei die konkrete Ausgestaltung traditionell bedingt sehr unterschiedlich geregelt sei. So bestehe in einigen Ländern zwischen Rettungsdienst und Katastrophenschutz eine logische und auch konzeptionell bedeutende und systembedingt unaufhebbare Bindung. “Zur Wahrung der Inneren Sicherheit ist der Erhalt dieses Verbundsystems zwingend notwendig”, so der Bundesrat. Diese lasse sich aber nur gewährleisten, wenn von einer generellen Ausschreibung des Rettungsdienstes auch bei bisher nicht ausschreibungspflichtigen Dienstleistungskonzessionen abgesehen werde.
Die EU-Kommission habe demgegenüber die von ihr behaupteten “schwerwiegenden Wettbewerbsverzerrungen” oder eine “Marktabschottung”, mit denen sie ihren Richtlinienvorschlag begründet, bislang nicht ausreichend belegt.
Sie können den Bundesratsbeschluss vom 2.3.2012 im Volltext im Mitgliederbereich des Deutschen Vergabenetzwerks (DNWW) abrufen – die Mitgliedschaft ist kostenlos.
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