Vergabeblog

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Rückblick Hamburger Vergabetag 2014: „Bedarf zur Vereinfachung des Vergaberechts“

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Es war eine in jeder Hinsicht außergewöhnliche Veranstaltung: Der Hamburger Vergabetag 2014, der in zweiter Auflage gemeinsam vom Behörden Spiegel und dem Deutschen Vergabenetzwerk (DVNW) veranstaltet wurde, schlug erfolgreich die Brücke zwischen Recht und Rechtsanwendern. Das facettenreiche Programm bot im herrschaftlichen Ambiente der Handelskammer Hamburg gleich mehrere Highlights, so eine Podiumsdiskussion mit OLG Richtern zu aktuellen vergaberechtlichen Streitfragen (Foto o.l.: Heinz-Peter Dicks, Vorsitzender Richter am OLG Düsseldorf)

Fachanwalt für Vergaberecht

Tag 1 eröffnete am 30.1.2014 gleich mit einem heißen Eisen: Der möglichen Einführung einer Fachanwaltschaft für das Vergaberecht. Unter der Leitung von RA Martin Schellenberg (Heuking Kühn Lüer Wojtek), RA Professor Heiko Höfler (Bird & Bird LLP) und RA Dr. Klaus Willenbruch (Taylor Wessing) hatten sich rund 70 Berufsträger eingefunden, um über Sinn und Zweck, vor allem aber Chancen der Einführung einer solchen Fachanwaltschaft zu diskutieren. Der zuständige Fachausschuss der Bundesrechtsanwaltskammer hatte im September mit deutlicher Mehrheit entschieden, eine Fachanwaltschaft für Vergaberecht zumindest auf den Plan zu nehmen und ein entsprechendes Verfahren einzuleiten. Eine Entscheidung darüber und die ggfs. inhaltlichen Anforderungen wird in Bälde durch die Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer erwartet.

Von Nachhaltigkeit bis Rechtschutz

IMAG1218 (4)Praxisrelevanz zeigten die nachfolgenden Fachvorträge, so u.a. durch Heinz-Peter Dicks, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf, zur “Nachhaltigen Vergabe” und durch Hermann Summa, Richter am Oberlandesgericht Koblenz, der die Möglichkeiten und Rechtsfolgen der Aufhebung einer Ausschreibung be- und durchleuchtete. Beide stellten sich im Anschluss gemeinsam mit Volker Gause, Vergabekammer beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, und Ingeborg Diemon-Wies, Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster dem Thema “Effizienter Rechtsschutz durch Nachprüfungsverfahren?”. Die von RA Marco Junk (Geschäftsführer Deutsches Vergabenetzwerk DVNW) moderierte Diskussion beleuchtete aktuelle vergaberechtliche Streitfragen, warf aber auch einen kritischen Blick auf die bewusste Ausnutzung zulässiger rechtlicher Spielräume durch öffentliche Auftraggeber. Interessant waren insbesondere die divergierenden Ansichten der Richter zur Bedeutung der aktuellen BGH Entscheidung zur Unzulässigkeit von Nebenangeboten bei reinem Preiswettbewerb (Urteil vom 07.01.2014 – X  ZB 15/13). Ob nun wirklich alles für alle Zeiten klar sei, konnte jedenfalls nicht einvernehmlich bejaht werden. Bemerkenswert war dagegen die Einvernehmlichkeit zur anstehenden Reform des Vergaberechts: Alle Diskutanten sahen hier dringenden Handlungsbedarf des Gesetzgebers, hin zu einer drastischen Vereinfachung der Struktur des Vergaberechts für die Rechtsanwender –  nicht ohne anzumerken, dass man diesem den hierfür nötigen Mut nicht zutraue.

Hamburg würdigt Bremen

Im Rahmen der festlichen Abendveranstaltung wurde sodann auch zum ersten Mal der “Hamburger Vergabepreis” verliehen. Nicht ohne launige Bemerkungen über die Hansestadt Bremen, die anders als ihr Nachbar an der Elbe einfach nur eine “Freie” ist, während Hamburg “nicht frei von Hochmut” eine “Freie und” Hansestadt darstelle, überreichte Hans Randl von der Finanzbehörde Hamburgs den Vergabepreis an Thomas Jablonski von der Bremer Finanzverwaltung. Randl nannte die Gründe der Jury, für welche vor allem die Einkaufsstrategie der Finanzbehörde an der Weser und deren Umsetzung Maßstab für die Preisverleihung auf dem Hamburger Vergabetag war: ihr großes Engagement in Sachen Beschaffungsmodernisierung, organisatorische Bündelung und eine intensive Kommunikation zwischen Vergabestellen und Bedarfsträgern. Jablonski erläuterte die Erfolgsfaktoren für das Projekt der Umstellung auf eine an ökologischen und sozialen Kriterien orientierte öffentliche Beschaffung: “Es ist ein dynamischer Prozess, eingebettet in eine ressortübergreifende Strategie zur Neuausrichtung des öffentlichen Einkaufs: Das bedeutet u. a.: ganzheitliches Einkaufsmanagement, Lieferantenmanagement, Controlling sowie Sensibilisierung und Qualifizierung der Mitarbeiter.”

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Thomas Jablonski (4. v. l.), Freie Hansestadt Bremen, erhielt den Preis und die Glückwünsche von den Jurymitgliedern (v. r.): Dr. Klaus Willenbruch, Taylor Wessing Hamburg, Andreas Rönnau, Handwerkskammer Hamburg, Hans Randl, Finanzbehörde Freie und Hansestadt Hamburg, Marco Junk, Gründer des Deutschen Vergabenetzwerkes DVNW, Rudolf Neumüller, Handelskammer Hamburg, Benjamin Bauer, Behörden Spiegel, und Dr. Martin Schellenberg, Heuking Kühn Lüer Wojtek (Foto: BS/Fieseler)

Tag 2

Der Folgetag, der 31.01.2014, war vergabepolitischen und strategischen Fragen gewidmet. So referierte u.a. Sabine Poell, Leiterin der Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung beim Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern, über Aufgaben und Ziele der neu geschaffenen Kompetenzstelle, und Dr. Thomas Solbach, Leiter des Referates Öffentliche Aufträge, Vergabeprüfstelle, Immobilienwirtschaft im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, gab einen Ausblick auf das umzusetzende neue EU-Vergaberecht. Abgerundet wurde der Vormittag von einer durch Franz Drey, stellv. Chefredakteur des Behörden Spiegel, moderierten Podiumsdiskussion zu Strategien zentraler Beschaffungsstellen, an der neben Hans Randl auch Dr. Ulrich Bergmoser, Finance Director bei der APCOA Parking, RA Bernd Düsterdiek, Referatsleiter beim Deutschen Städte- und Gemeindebund und Andreas Rönnau von der Handwerkskammer Hamburg mitwirkten.Deutsches VergabenetzwerkDer Nachmittag bot den Teilnehmern die Qual der Wahl, an welchem der insgesamt zehn Praxisworkshops man teilnehmen sollte: Von In-House-Geschäften und Interkommunaler Kooperationen (Vergabeblogautor RA Dr. Daniel Soudry, Soudry & Soudry Rechtsanwälte) über Bewertungsmodelle für die Energieeffizienz von ITK-Produkten und –Leistungen (Wolfgang Bartsch und Franziska Arnsmeier, IABG Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH) und der  Vergabe von Entsorgungsleistungen (Dr. Rebecca Prelle, Berliner Stadtreinigungsbetriebe) bis zur Totalunternehmervergabe auf Grundlage funktionaler Leistungsbeschreibung (Henrik Vogt, Dipl.-Ing,. Architekt, DU Diederichs Projektmanagement, RA Dr. Mathias Finke, Partner der Kanzlei Kapellmann Rechtsanwälte) blieb kein praxisrelevantes Thema offen.

2015

Vormerken: Der nächste Hamburger Vergabetag findet übrigens vom 22.-23. Januar 2015 statt. Träger des Hamburger Vergabetages ist der Behörden Spiegel zusammen mit dem Deutschen Vergabenetzwerk (DVNW), unterstützt von der Finanzbehörde, der Handelskammer und der Handwerkskammer Hamburg. In der März-Ausgabe des Behörden Spiegel wird ausführlich darüber berichtet. Im Mitgliederbereich des Deutschen Vergabenetzwerks (DVNW) können Sie in Kürze die Präsentationen der Referenten des Hamburger Vergabetags 2014 abrufen. Noch kein Mitglied? Die Mitgliedschaft ist kostenlos.

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