Erstmals wird in Nordrhein-Westfalen die Energieeffizienz zu einem entscheidenden Kriterium bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Das sieht ein Erlass vor, den die Landesregierung auf Vorschlag von Wirtschaftsministerin Christa Thoben beschlossen hat.
Mit dem Regelungswerk wird ein Erlass aus dem Jahre 1985 zur umweltfreundlichen Beschaffung durch die öffentliche Hand modernisiert und um die Energieeffizienz von Produkten und Verfahren erweitert. Der neue Erlass tritt am 1. Mai 2010 in Kraft.
Der Grundgedanke: Ein Produkt, dessen Anschaffungskosten zunächst höher liegen als bei vergleichbaren Angeboten, kann bei der Betrachtung des gesamten Lebenszyklus sich letztlich als günstiger erweisen, wenn Umweltaspekte sowie Energieverbrauchs- und Entsorgungskosten in die Betrachtung einbezogen werden.
„Was nutzt der günstige Einkaufspreis, wenn sich der angeschaffte Gegenstand über die Jahre als Energiefresser erweist oder zum Schluss unangemessen hohe Entsorgungskosten verursacht“, wird Wirtschaftsministerin Christa Thoben in einer Pressemitteilung des Hauses vom 18. April zitiert. Zu beachten seien neben Aspekten der Energieeffizienz aber auch solche des Umweltschutzes allgemein, und dies grundsätzlich bei allen Beschaffungsvorgängen. Nach Angaben des Ministeriums seinen die neuen Leitlinien dabei in folgenden Bereichen besonders wichtig:
- Bauwesen
- Fahrzeuge und Verkehrsdienstleistungen
- Energie (einschließlich Strom, Heizung und Kühlung aus erneuerbaren Energiequellen)
- Informations- und Kommunikationstechnik
- Papier, Kopierer und Druckerleistungen
- Entsorgungsdienstleistungen
- Möbel und Holzprodukte
- Bekleidung, Uniformen und andere Textilwaren
- Reinigungsprodukte und -dienstleistungen
- Verpflegungs- und Cateringsdienstleistungen
- Ausstattung fürs Gesundheitswesen
Also bei allem, oder?
Konkret bedeute dies, dass zum Beispiel bei Dienstleistungen auf die Art der Durchführung und auf die eingesetzten Stoffe zu achten ist. Mit weichreichenden Folgen: So seien etwa bei Bauaufträgen Recycling-Baustoffe ihren technischen und ökonomischen Eigenschaften entsprechend in die Vergabeüberlegung einzubeziehen. Vergabeverfahren, bei denen nur Primärrohstoffe zugelassen sind, obwohl Recyclingprodukte zur Verfügung stehen, sollen sogar unzulässig sein.
Laut der zitierten Pressemeldung sollen sich die Vergabestellen bei der Frage, welches Produkt umweltgerecht bzw. energieeffizient ist, an den entsprechenden europäischen Vorgaben wie der Energieverbrauchskennzeichnung, der Ökodesignrichtlinie oder den verschiedenen Umweltzeichen (Blauer Engel, Energystar, usw.) orientieren. Holzprodukte müssten grundsätzlich aus legaler und nachhaltiger Waldbewirtschaftung stammen. Auch hier müsse der Anbieter die entsprechenden Zertifikate (PEFC, FSC, etc.) nachweisen.
Der Erlass gilt primär für die öffentlichen Auftraggeber des Landes. Für die Gemeinden und Gemeindeverbände wird die Anwendung empfohlen.
Nach den vorliegenden Informationen handelt es sich also offenbar um sehr weitreichende Umweltanforderungen, die Bieter auf öffentliche Aufträge in NRW künftig zu erfüllen haben. Leider war es auch heute, zwei Tage nach der Pressemitteilung, noch nicht möglich, die neuen Leitlinien auf der Webseite www.vergabe.nrw.de einzusehen, die letzte neue Meldung dort stammt vom Mai 2009. Auf telefonische Nachfrage hieß es, man bemühe sich, diese schnellstmöglich einzustellen. Wir werden den Link hier posten, wenn das erfolgt ist.
Update eine Woche später, 25.April: Bis jetzt ist es nicht erfolgt.
Upsate 30. April: Immer noch nichts auf der Webseite…schon arg.
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