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Keine Weiterverwendung vorhandener Informationen durch Bekanntmachung öffentlicher Ausschreibungen! (VGH Baden‑Württemberg, Urteil v. 24.9.2013 – 10 S 1695/12)

ParagraphÖffentliche Auftraggeber, die durch die Vorgaben des Haushaltsvergaberechts verpflichtet sind, Ausschreibungen öffentlich bekannt zu machen, können – jedenfalls vorerst – aufatmen: Der Verwaltungsgerichtshof Baden‑Württemberg (VGH BW) hat mit Urteil vom 24. September 2013 (Az.: 10 S 1695/12) entschieden, dass das Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG) öffentliche Auftraggeber nicht verpflichtet, Bekanntmachungstexte, die von einem bestimmten Ausschreibungsdienst veröffentlicht worden sind, auf Anfrage auch anderen Ausschreibungsdiensten zu überlassen.

Hintergrund

In der jüngeren Vergangenheit war eine Vielzahl kommunaler Auftraggeber mit Anfragen von Betreibern elektronischer Ausschreibungsportale konfrontiert, die eine Überlassung von bereits veröffentlichten Bekanntmachungstexten forderten. Die anfragenden Ausschreibungsdienste stützten sich zur Begründung ihrer Forderung auf das Gesetz über die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen – das sogenannte Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG).

Das IWG beruht auf einer EU-Richtlinie, deren Ziel es ist, durch erhöhte Transparenz und fairen Wettbewerb die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen zu erleichtern. Nach dem IWG ist daher jede Person bei der Entscheidung über die Weiterverwendung vorhandener Informationen öffentlicher Stellen, die diese zur Weiterverwendung zur Verfügung gestellt haben, gleich zu behandeln.

Ein Zugangsrecht zu den bei öffentlichen Stellen vorhandenen Informationen eröffnet das IWG jedoch nicht. Den Zugang regelt das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) für die Behörden des Bundes. Daneben haben elf Bundesländer für ihren Zuständigkeitsbereich jeweils eigene ähnliche Gesetze erlassen. In Baden-Württemberg existiert – ebenso wie in Bayern, Hessen, Niedersachsen und Sachsen – bislang kein Landes-Informationsfreiheitsgesetz (Landes-IFG).

Inhalt der Entscheidung

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte in erster Instanz noch festgestellt, dass eine Verpflichtung der beklagten Kommune bestehe, die bei dieser vorhandenen und zur Veröffentlichung bestimmten Bekanntmachungstexte dem klagenden Ausschreibungsdienst unverzüglich zu überlassen.

Demgegenüber befand der VGH BW, dass der geltend gemachte Gleichbehandlungsanspruch bereits deshalb nicht in Betracht kommt, weil der klagende Ausschreibungsdienst nicht erfolgreich darlegen konnte, weshalb ihm ein Zugangsrecht an den bei der beklagten Kommune vorhandenen Bekanntmachungstexten zusteht. Das IWG gelte nämlich nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 nicht für Informationen, an denen kein Zugangsrecht besteht.

Der Senat weist in den Entscheidungsgründen aber auch darauf hin, dass sich die rechtliche Beurteilung ändern könnte, sofern es in der Zukunft ein Landes-IFG geben sollte. Dann käme es vor allem darauf an, ob die Tätigkeit des Bekanntmachungsorgans, das mit der Veröffentlichung des Bekanntmachungstextes beauftragt worden ist, sich primär in der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe erschöpft oder ob diesem weitere Nutzungsmöglichkeiten eingeräumt werden, die mit der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe nicht mehr in innerem Zusammenhang stehen.

Deutsches VergabenetzwerkAusblick

Da in Baden-Württemberg derzeit ein Landes-IFG nicht vorhanden ist, laufen die Anfragen der Ausschreibungsdienste schon aus diesem Grund ins Leere. Dasselbe dürfte für diejenigen Bundesländer gelten, die ebenfalls noch kein Informationsfreiheitsgesetz erlassen haben. Die Koalitionsvereinbarung der amtierenden Landesregierung in Baden‑Württemberg sieht ein solches Gesetz aber vor, so dass die Diskussion hier in naher Zukunft wieder entfacht werden könnte. Die bloße Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe, also allein die vom Vergaberecht geforderte Veröffentlichung von Bekanntmachungstexten, begründet auch dann keine Anwendbarkeit des IWG, wenn künftig ein Landes-IFG vorliegt. Ein Recht auf Zugang zu den ausschreibungsbezogenen Informationen könnte aber aus dem Landes-IFG selbst resultieren. Diesen Informationsanspruch müssten die Ausschreibungsdienste stets jedem Auftraggeber gegenüber aufs Neue geltend machen.

Die Thematik ist bereits Gegenstand umfangreicher Erörterungen im Deutschen Vergabenetzwerk (DVNW). Hier geht es direkt zum Thema im DVNW.

Veranstaltungshinweis

Der Autor, RA Dr. Martin Ott, wird auch auf dem VergabeFORUM 2013 am 21. und 22. November 2013 in Berlin vortragen. Zu Programm & Anmeldung geht es hier.

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Über Dr. Martin Ott

Der Autor Dr. Martin Ott ist Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Menold Bezler Rechtsanwälte, Stuttgart. Herr Dr. Ott berät und vertritt bundesweit in erster Linie öffentliche Auftraggeber umfassend bei der Konzeption und Abwicklung von Beschaffungsvorhaben. Auf der Basis weit gefächerter Branchenkenntnis liegt ein zentraler Schwerpunkt in der Gestaltung effizienter und flexibler Vergabeverfahren. Daneben vertritt Herr Dr. Ott die Interessen der öffentlichen Hand in Nachprüfungsverfahren. Er unterrichtet das Vergaberecht an der DHBW und der VWA in Stuttgart, tritt als Referent in Seminaren auf und ist Autor zahlreicher Fachveröffentlichen. Er ist einer der Vorsitzenden der Regionalgruppe Stuttgart des Deutschen Vergabenetzwerks (DVNW).

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