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Bauvergaben: Handwerkermangel und Verzögerungen bei öffentlichen Aufträgen an der Tagesordnung

Für Kommunen, Städte und Gemeinden wird es offenbar immer schwieriger, Handwerksfirmen für öffentliche Aufträge zu finden. Gleichzeitig komme es bei Bauvorhaben immer öfter zu Verzögerungen und Kostensteigerungen. Das liege zum einen an der für Handwerksunternehmen guten Auftragslage aufgrund des derzeitigen Baubooms. Aber auch das mitunter zu komplizierte Vergaberecht schaffe in der Praxis Probleme, bemängelt der Deutsche Städte- und Gemeindebund. Er fordert deshalb Erleichterungen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen.

Bauverzögerung und Kostenexplosionen allerorten

So beklagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), Gerd Landsberg, in einem aktuellen Interview mit Report Mainz (hier abrufbar), dass es zur Zeit ein „flächendeckendes Problem“ gebe. Es komme in vielen Fällen mit besonderem Schwerpunkt in den Ballungsräumen zu erheblichen Bauverzögerungen und deutlichen Kostenanstiegen – etwa beim Neubau oder der Sanierung von Schulen oder Kindertagesstätten.

Kaum Interesse an Ausschreibungen

Der Filmbeitrag von Report Mainz nennt als Beispiel eine Grundschule im Landkreis Mainz-Bingen mit einer dringend sanierungsbedürftigen Toilettenanlage. Die Sanierung hätte bereits im letzten Sommer beginnen sollen. Doch zwei Ausschreibungen seien erfolglos verlaufen. Die Handwerkerfirmen hätten einfach kein Interesse gezeigt. Kein Wunder: Deren Auftragsbücher sind voll und die Handwerksfirmen derzeit vollkommen ausgelastet. Auf die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen verzichtet mancher Unternehmer daher nur zu gerne oder ruft dabei Preise auf, “die jenseits von gut und böse sind”, wie der stellvertretende Bürgermeister der Verbandsgemeinde Nieder-Olm, Erwin Malkmus , in der Reportage beklagt.

In die gleiche Kerbe haut ein aktueller Beitrag in der Zeit-Online. Anderes Bundesland, gleiche Situation. Im thüringischen Jena könnte etwa die kommunale Immobilienfirma KIJ jedes Jahr viel, viel Geld für Neubauten, Sanierungen oder Renovierungen ausgeben. Doch die örtlichen Handwerker zeigten auch hier kaum Interesse: „Früher haben wir für eine Ausschreibung 15 oder 17 Bewerbungen bekommen, heute sind es manchmal noch drei“, klagt der Werkleiter der KIJ, Karl-Hermann Kliewe. „Manche Firmen haben es schlicht nicht mehr nötig, jede Ausschreibung zu bedienen“, sagt er. Den wenigen Angeboten, die hereinkämen, merke man zudem an, dass der Bieter den Auftrag gar nicht um jeden Preis haben wollten. Einen Preiswettbewerb, das gehe aus den vorgelegten Kalkulationen klar hervor, habe derzeit niemand nötig.

Volle Auftragsbücher bei gleichzeitigem Fachkräftemangel

Zimmerleute, Dachdecker, Trocken- und Fensterbauer, Klempner, Installateure und Fliesenleger etc. können sich in der aktuellen Phase des Häuslebaubooms, den Deutschland gerade erlebt, praktisch aussuchen, wo und von wem sie Aufträge annehmen. Die Kasse klingelt so oder so. Viele würden gerne auch noch mehr Aufträge annehmen, haben aber selbst das Problem, dass sie wegen der derzeitigen Vollauslastung keine Subunternehmen für die einzelnen Gewerke finden, die die Arbeiten am Ende ausführen.

Aktueller Bauboom war nicht vorhersehbar

Hinzu komme ein gravierendes Nachwuchs- und Ausbildungsproblem. Den jetzigen Bauboom, welcher auch durch die aktuell niedrigen Zinsen hervorgerufen oder zumindest befeuert wurde, habe vor einigen Jahren noch niemand vorhersehen können. Die derzeitige Spitze bei den Bauaufträgen kann somit mangels qualifizierten Handwerkernachwuchses nicht durch genügend kleine und mittlere Handwerksunternehmen aufgefangen werden. Die Folge sind lange Wartezeiten und unzufriedene öffentliche Auftraggeber und Bauherren.

Vergaberecht zu kompliziert?

Nicht zuletzt seien öffentliche Ausschreibungen aber auch wegen des komplizierten Vergaberechts für viele Handwerker nicht attraktiv, befürchtet der Städte- und Gemeindebund. Diese Wahrnehmung wird vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) geteilt: Die zunehmende Komplexität der öffentlichen Auftragsvergabe habe gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen eine abschreckende Wirkung, so der Verband.

DStGB fordert Erleichterungen bei Auftragsvergaben

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert deshalb für die derzeitige Hausse in der Baubranche zeitweise Erleichterungen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen. Der DStGB fordert aus diesem Grund ein „Baubeschleunigungs- und Bauplanungs-Beschleunigungsgesetz“, welches etwa freie Vergaben ohne förmliche Ausschreibung im größeren Umfang als bisher ermögliche, so Landsberg. Als „Best Practice“-Beispiel, dass ein solches Maßnahmegesetz in der Vergangenheit durchaus zum Erfolg geführt habe, verweist er auf das „Konjunkturpaket II“.

Quellen: ZEIT ONLINE, SWR AKTUELL/ REPORT MAINZ

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