Für die streitwertabhängige Zuständigkeitsverteilung zwischen Amts- und Landgerichten gilt bisher: Amtsgerichte sind in Zivilsachen für Streitigkeiten mit einem Streitwert von bis zu 5 000 Euro zuständig. Dies soll mit dem Gesetz zur Änderung der Zuständigkeitsstreitwerts, das im Referentenentwurf veröffentlicht wurde, geändert werden.
Dieser Zuständigkeitsstreitwert der Amtsgerichte soll nunmehr von 5 000 Euro auf 8 000 Euro angehoben werden, nachdem er seit mehr als 30 Jahren unverändert ist. Hierdurch sollen die Amtsgerichte in Zivilsachen und damit der Justizstandort Deutschland in der Fläche gestärkt werden. Daneben soll durch eine streitwertunabhängige Zuweisung bestimmter Sachgebiete an die Amts- und an die Landgerichte dem Spezialisierungsgedanken weiter Rechnung getragen und eine effiziente Verfahrensführung unterstützt werden: So sollen nachbarrechtliche Streitigkeiten streitwertunabhängig den Amtsgerichten, Streitigkeiten aus Heilbehandlungen, Vergabesachen sowie Veröffentlichungsstreitigkeiten hingegen streitwertunabhängig den Landgerichten zugewiesen werden.
Dies ergibt sich aus dem Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz: „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zuständigkeitsstreitwerts der Amtsgerichte, zum Ausbau der Spezialisierung der Justiz in Zivilsachen sowie zur Änderung weiterer prozessualer Regelungen„.
In der Begründung finden sich folgende Erläuterungen zu der streitwertunabhängigen Zuweisung zu den Landgerichten:
„Mit der Einfügung des § 71 Absatz 2 Nummer 8 GVG-E sollen Streitigkeiten aus dem Vergaberecht den Landgerichten streitwertunabhängig zugewiesen werden, um aufgrund der häufig rechtlich komplexen Sondermaterie des Vergaberechts (Vertrags- und Vergabeordnung für Bauleistungen (VOB) / Vergabeordnung) dem Spezialisierungsgedanken Rechnung zu tragen und eine effiziente Verfahrensführung zu begünstigen.
Im Zusammenhang mit der streitwertunabhängigen Zuweisung von Vergabesachen an das Landgericht sollen die Zuständigkeitsregelungen der §§ 155 ff. des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) – mithin auch § 171 Absatz 3 GWB – jedoch nicht geändert werden. Der vergaberechtliche Primärrechtschutz im Oberschwellenbereich, also der Rechtsschutz zur Überprüfung der Einhaltung der Vergabevorschriften in Vergabeverfah-
ren deren geschätzter Auftrags- oder Vertragswert ohne Umsatzsteuer die jeweils festgelegten Schwellenwerte des § 106 Absatz 2 GWB (in Verbindung mit den dort in Absatz 2 genannten EU-Richtlinien) erreicht oder überschreitet, soll weiterhin nach den §§ 155 ff. GWB den Vergabekammern des Bundes und der Länder unterliegen. Für Beschwerden gegen die Entscheidung der Vergabekammern soll weiterhin das Oberlandesgericht ausschließlich zuständig bleiben, § 171 Absatz 3 GWB.Die streitwertunabhängige landgerichtliche Zuständigkeit soll daher nicht für den vergaberechtlichen Primärrechtsschutz im Oberschwellenbereich, sondern nur für den Primärrechtsschutz im Unterschwellenbereich (also unterhalb der Schwellenwerte des § 106 Absatz 2 GWB in Verbindung mit den dort in Absatz 2 genannten EU-Richtlinien) sowie für den Sekundärrechtsschutz (also im Wesentlichen für Schadensersatzansprüche wegen
fehlerhafter Vergabe) im Ober- und Unterschwellenbereich gelten, da hier keine abweichenden gesetzliche Regelung vorhanden ist und mithin die ordentlichen Gerichte zuständig sind (vergleiche MüKoEuWettbR/Kadenbach, 4. Aufl. 2022, GWB § 156 Rn. 33; OLG Köln, Urteil vom 29. Januar 2020 – 11 U 14/19, NZBau 2020, 684; BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 2007 – 6 B 10/07, NJW 2007, 2275). Betreffend der Schadensersatzansprüche im Oberschwellenbereich wird dies in § 156 Absatz 3 GWB auch gesetzlich klargestellt. Erreicht werden soll dies durch die Einschränkung, dass die streitwertabhängige Zuweisung nur gilt, soweit sich nicht aus Teil 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen eine andere Zuständigkeit ergibt. Mit dieser Inbezugnahme soll auch der Umstand berücksichtigt werden, dass die bestehenden Schwellenwerte von der EU-Kommission regelmäßig überprüft und angepasst werden.“
Quelle: BMJ
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