Es herrschte Festtagswetter, als sich am vergangenen Dienstag rund 250 geladene Gäste im Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern in Bonn einfanden. Grund zum Feiern gab es dabei gleich in zweierlei Hinsicht: Zum einen das 60jährige Bestehen des Beschaffungsamtes, zum anderen den Einzug in den neuen und damit deutlich moderneren Dienstsitz in der Brühler Straße. Aber auch gesagt wurde so Einiges.
Rechtssichere Beschaffung
Cornelia Rogall-Grothe, Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern (Foto rechts), lobte in ihrer Festansprache die Behörde, die heute Waren und Dienstleistungen für 26 Bundesbehörden, vom Bund finanzierte Stiftungen und international tätige Organisationen einkauft, dafür, dass diese so gut wie nie Anlass zu Nachprüfungsverfahren bot – ein Beleg für die hohe Qualität der geleisteten Arbeit. Und dies angesichts eines Einkaufsvolumens von inzwischen mehr als 960 Millionen Euro (Stand 2009). Rogall-Grothe, die auch das Amt der Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik bekleidet, betone dabei auch die Notwendigkeit durchgängiger medienbruchfreier Prozessketten – von der Bedarfsermittlung bis zur Rechnungsprüfung. Erfreut zeigte sie sich darüber, dass in die Planung des neuen Dienstsitzes auch Energieeffizienzgesichtspunkte eingeflossen sind.
Das Modell Beschaffungsamt als Vorbild
Mario Ohoven (Foto links), Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, empfahl das Modell Beschaffungsamt zum Vorbild zu nehmen: Er wünscht sich “Klone” in den Bundesländern, die für diese einen gebündelten und zentralisierten Einkauf ermöglichen. Nach seiner Auffassung wäre es ideal, wenn der gesamte öffentliche Einkauf in einem einzigen virtuellen Kaufhaus gebündelt werden könnte.
Der Hausherr
Klaus-Peter Tiedtke, Direktor des Beschaffungsamts, lobte den Neubau der Behörde, der es erstmals ermöglicht, alle Organisationseinheiten unter einem Dach zusammen zu fassen. Dass verbessere auch die interne Kommunikation. In der Tat – das Gebäude wirkt offen, hell und einladend. Tiedtke stellte noch einmal heraus, dass man sich ganz bewußt für den Standort Bonn entschieden hatte.
Wenngleich mit einem Lächeln, so verwies er aber auch darauf, dass die Nutzer des Bauwerks gleich zu Beginn in den “Genuß” einer unfreiwilligen bautechnischen Fortbildung kamen – die Fertigstellung des insgesamt nur 8 Monate dauernden Neubaus erfolgte “im laufenden Betrieb”.
“Unzeitgemäße Einschränkung” durch das Vergaberecht
In seiner Rede betonte Tiedkte (Foto rechts) die Bedeutung eines nachhaltigen Einkaufs für sein Haus. Obschon das Thema bereits seit Anfang der 90er Jahre bekannt sei, stünden öffentliche Einkäufer hier nach wie vor noch am Anfang der schwierigen Umsetzung. So bestünden Probleme insbesondere hinsichtlich der Nachweisbarkeit einer nachhaltigen Produktion auf Seiten der Unternehmen, wobei sich die Anforderungen auch auf Zulieferer erstrecken müssten. „Eignungskriterien müssten wie Leistungskriterien in den Wettbewerb gestellt werden“, so Tiedtke. Kritisch äußerte er sich dabei zum Vergaberecht, dass durch seine strenge Trennung zwischen Eignungs- und Leistungskriterien und dem Verbot einer wertenden Entscheidung, welcher Bieter in diesem Sinne besser geeignet sei, “eine unzeitgemäßge Einschränkung“ darstelle, die insbesondere der Umsetzung der Nachhaltigkeit Grenzen setze. Nachfolgend können Sie die komplette Rede von Klaus-Peter Tiedtke als Videoaufzeichnung abspielen.
Wechselhafte Geschichte
Den Rahmen der Festvorträge bot eine ansprechende filmische Aufbereitung der wechselhaften 60jährigen Geschichte des Hauses aber auch der Bundesrepublik, von der Errichtung der Behörde am 18. Mai 1951, zunächst als Beschaffungsstelle des Bundesgrenzschutzes, bis zum heutigen Tag. Dieser fand seinen Ausklang bei einem get-together unter strahlendem Sonnenschein bei einem – stilechten – 50iger Jahre Buffet (Foto links: Marco Junk, Herausgeber Vergabeblog, im Gespräch mit Michael Dickopf, Abteilungsleiter Zentrale Dienste im Beschaffungsamt).
Herzlichen Glückwunsch, liebes Beschaffungsamt.
Thema im Deutschen Vergabenetzwerk (DVNW) diskutieren.
Marco Junk
Der Jurist Marco Junk gründete im Jahr 2007 den Vergabeblog und 2010 gemeinsam mit Dipl.-Kaufmann Martin Mündlein das Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW). Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Seit 2022 ist Marco Junk zudem als Leiter Regierungsbeziehungen für Eviden tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.
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