Rechtsschutz
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Der Ausschuss Vergaberecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hat einen “Vorschlag einer gesetzlichen Regelung zum Rechtsschutz unterhalb der EU-Schwellenwerte” unterbreitet. Das Thema ist zwar alle Jahre wieder virulent, zur Zeit aber wohl erstmals ernsthaft, da das für das Vergaberecht zuständige Wirtschaftsministerium bis Ende 2010 einen Entwurf zur erneuten Reform des Vergaberechts vorlegen soll. Wie es die Spatzen in Berlin bereits von den Dächern pfeifen, ist dabei ein förmlicher Rechtsschutz auch unterhalb der Schwellenwerte sehr wahrscheinlich – was bleibt dem Ministerium auch anderes übrig, denn eben das wurde auf Druck der FDP im Koalitionsvertrag vereinbart.
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Auch wenn sich der Gesetzgeber bislang zu einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung nicht durchringen konnte: Die Rechtsprechung kommt immer häufiger zu dem Ergebnis, dass Bietern auch bei Auftragsvergaben unterhalb EU-Schwellenwerte grundsätzlich der Prozessweg eröffnet ist. Zuletzt hat das OLG Düsseldorf in einer Entscheidung vom 13.01.2010 (27 U 1/09) bestätigt, dass sich Bieter gegen rechtswidrige Vergabeentscheidungen gerichtlich zur Wehr setzen können. Dabei greift der Rechtsschutz nach Auffassung des OLG Düsseldorf nicht erst bei willkürlichem Verhalten der Vergabestelle – ein Ansatz, der zu einer deutlichen Erweiterung des Rechtsschutzes im Unterschwellenbereich führt.
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Eine wesentliche Neuregelung der vor knapp einem Jahr in Kraft getretenen GWB-Novelle stellt § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB dar. Danach ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Bereits im laufenden Gesetzgebungsverfahren wurde in der Vergaberechtsliteratur diskutiert, inwieweit die Anwendung der 15-Tage-Frist einen Hinweis in der Vergabebekanntmachung voraussetzt oder nicht. Diese Frage war in jüngster Vergangenheit auch Gegenstand verschiedener Vergabenachprüfungsverfahren.
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§ 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB sieht vor, dass ein Nachprüfungsantrag unzulässig ist, wenn der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Der Begriff „unverzüglich“ wird dabei – je nach Bewertung des Einzelfalls und Strenge der Nachprüfungsinstanz – so ausgelegt, dass der Antragsteller seine Rüge innerhalb von einem bis höchstens 14 Tagen gegenüber der Vergabestelle zu erheben hat. Diese in das Ermessen der Nachprüfungsinstanz gestellte Bewertung der „Unverzüglichkeit“ könnte nach einem Urteil des EuGH vom 28.01.2010 (Rs. C-406/08) europarechtswidrig sein. Denn der EuGH fordert in dem Urteil eine „hinreichend genau, klar und vorhersehbar“ definierte Ausschlussfrist zur Verfahrenseinleitung, die eben nicht im Ermessen des zuständigen Richters stehen darf.
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Nach § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB muß der Bieter einen Vergaberechtsverstoß unverzüglich rügen. Allgemeiner Maßstab für die Rügefrist sind 3 Kalendertage. Von Ausnahmen abgesehen, sind die Bieter damit auf der sicheren Seite. Allerdings wird oft verkannt, dass die Rüge nicht nur innerhalb der 3-Tagesfrist versandt, sondern dem Auftraggeber auch innerhalb dieser Frist tatsächlich zugegangen sein muss. Welche Voraussetzungen hierbei zu erfüllen sind, wurde in verschiedenen Beschlüssen der vergaberechtlichen Nachprüfungsinstanzen näher konkretisiert:
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Das kann leicht verwirren: Der VII. Senat des BGH hat am 10. September 2009 gleich zwei Urteile zum Bestehen von Mehrvergütungsansprüchen bei Verschiebungen des Zeitplans in öffentlichen Ausschreibungsverfahren erlassen – und ist dabei auch noch zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen. Während der BGH bei einer Verschiebung der vertraglich vorgesehenen Bauzeit einen Mehrvergütungsanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt hält (VII ZR 152/08), lehnt er dies bei einer alleinigen Verzögerung des usprünglich vorgesehenen Zuschlagtermins ab (VII ZR 82/08).
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Welche Vergabestelle sieht es nicht gerne: Ein fachlich geeigneter Bieter gibt ein besonders kostengünstiges Angebot ab und liegt damit nach der Wirtschaftlichkeitsprüfung auf Platz 1. Das Ziel der Ausschreibung scheint erreicht. Gemäß § 101a Abs. 1 Satz 1 GWB werden die Bieter darüber informiert, dass dem Bestbieter der Zuschlag erteilt werden soll. In den meisten Fällen lässt die Rüge eines Mitbewerbers jedoch nicht lange auf sich warten. Unter Verweis auf die Regelung des § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A bzw. § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A wird die Vergabestelle aufgefordert, das Angebot des Bestbieters wegen eines offenbaren Missverhältnisses zwischen Preis und Leistung auszuschließen. Zu Recht? Das OLG Düsseldorf entschied: Grundsätzlich Nein!
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Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat Ende Oktober einen neuen Ausschuss für „Vergaberecht“ berufen. Dort wird die anwaltliche Expertise insbesondere aus dem Bau- und Verwaltungsrecht gebündelt. Damit will der DVA der wachsenden Bedeutung dieses Rechtsgebiets in der anwaltlichen Beratungspraxis Rechnung tragen. Das Vergaberecht durchdringe nach Ansicht des DAV zunehmend anwaltliche Beratungsfelder nicht nur im klassischen Beschaffungswesen der öffentlichen Hand, sondern sei auch bei Immobilientransaktionen öffentlicher Auftraggeber und Städtebauprojekten oder bei Leistungsbeziehungen im Gesundheitswesen zu berücksichtigen.
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Ein Spannungsfeld: Im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens kommen regelmäßig auch solche Unterlagen auf den Tisch, die vertrauliche Informationen und Geschäftsgeheimnisse enthalten. Eine für die betroffenen Unternehmen im Einzelfall schwierige Abwägung zwischen Rechtsschutz und Wahrung des eigenen Know-hows. Der EuGH hatte zu entscheiden (Rs C-450/06, Urteil vom 14.2.2008), ob die Nachprüfungsstellen verpflichtet sind, die Vertraulichkeit dieser Unterlagen zu gewährleisten.