Recht
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Öffentliche Auftraggeber müssen auch bei der Vergabe von Rahmenvereinbarungen die Leistungen klar und vollständig beschreiben, so dass alle Bieter wissen, was sie anbieten sollen. Sämtliche ausgeschriebenen Leistungen müssen Gegenstand des Wettbewerbs sein. Spätere wesentliche Änderungen der ursprünglich ausgeschriebenen Bedingungen sind unzulässig. Das gilt vor allem, wenn die Rahmenvereinbarung nur mit einem Unternehmen geschlossen wird. Vor diesem Hintergrund können Leistungen, deren konkreter Inhalt bei Zuschlag noch nicht feststeht, nicht Gegenstand von Rahmenvereinbarungen sein. Zudem ist ein aufschiebend bedingter Zuschlag für einen Teil der Leistung nicht möglich. Insbesondere kann nicht ein Teil der Leistung später an einen anderen (beispielsweise den zweitplazierten) Bieter vergeben werden (VK Bund, 21.08.2013 – VK 1-67/13).
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Die 30-Tage-Frist aus § 101b Abs. 2 GWB soll in richtlinienkonformer Auslegung nur dann gelten, wenn die Vergabestelle eine offizielle Bekanntgabe des Vertragsschlusses veröffentlicht und darin begründet hat, warum sie von einer Bekanntgabe vor Auftragsvergabe abgesehen hatte. Zu diesem Schluss kommt die VK Bund in ihrer Entscheidung vom 02.09.2013 (Beschluss v. 02.09.2013 – VK-274/13). Damit zieht die Vergabekammer engere Schranken, als es die Richtline 2007/66/EG gebietet. Diese lässt bei Kenntnis des Bieters vom Vertragsschluss die 30-Tage-Frist unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne öffentliche Bekanntgabe zu.
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Ein einzelnes Mitglied einer Bietergemeinschaft kann einen Vergaberechtsverstoß nicht wirksam rügen. Dies hat das OLG Dresden mit Beschluss vom 23.07.2013 (Verg 4/13) entschieden und den Nachprüfungsantrag einer Bietergemeinschaft mangels rechtzeitiger Rüge zurückgewiesen.
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Eine auch vergaberechtlich interessante Entscheidung traf durch Beschluss das Verwaltungsgericht Berlin am 09.08.2013 (4 L 456.13). In Berlin existiert das Korruptionsregistergesetz vom 19.06.2006 (KRG), das für die Frage der Eignung, insbesondere Zuverlässigkeit im Sinne von § 6 Abs. 3 VOB/A bzw. VOL/A, und dem bei Fehlen der Eignung drohenden Ausschluss nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A bzw. § 16 Abs. 5 relevant ist. Ähnliche gesetzliche Regelungen gibt es abgesehen von Verwaltungsvorschriften – nur in wenigen anderen Bundesländern (Nordrhein-Westfalen, Bremen und Hamburg/Schleswig-Holstein mit gemeinsamem Register); für den Bund bzw. bundeseinheitlich ist ein Register wohl nicht so schnell zu erwarten. Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hatte am 7. November 2012 einen Gesetzentwurf (Drs. 17/11415) eingebracht.
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In dem benannten Beschluss hatte die Vergabekammer darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen Aufträge im Verhandlungsverfahren nur mit einem einzigen Bieter ohne vorherige öffentliche Vergabebekanntmachung nach § 3 Abs. 4 lit. c VOL/A-EG vergeben werden können. Zutreffend kommt die Vergabekammer zum Ergebnis, dass die Vorschrift als Ausnahme zur allgemeinen Verpflichtung zur Ausschreibung eng auszulegen und bei der Beurteilung, ob ein Ausschließlichkeitsrecht im Sinne des § 3 Abs. 4 lit. c VOL/A-EG besteht, auf die besonderen Fähigkeiten des Unternehmens und nicht auf die Eigenschaften des Produktes abzustellen ist (VK Berlin, Beschluss vom 30.07.2013, Az.: VK-B1-13/13).
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In dem Beschluss vom 21.12.2012 (15 Verg 10/12) hat sich das OLG Karlsruhe u.a. mit der seit jeher kritischen Frage beschäftigt, ob bzw. inwieweit bei der Vergabe freiberuflicher Leistungen ein Mehr an Eignung bei der Entscheidung über die Auftragsvergabe berücksichtigt werden kann.
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Öffentliche Auftraggeber, die durch die Vorgaben des Haushaltsvergaberechts verpflichtet sind, Ausschreibungen öffentlich bekannt zu machen, können – jedenfalls vorerst – aufatmen: Der Verwaltungsgerichtshof Baden‑Württemberg (VGH BW) hat mit Urteil vom 24. September 2013 (Az.: 10 S 1695/12) entschieden, dass das Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG) öffentliche Auftraggeber nicht verpflichtet, Bekanntmachungstexte, die von einem bestimmten Ausschreibungsdienst veröffentlicht worden sind, auf Anfrage auch anderen Ausschreibungsdiensten zu überlassen.
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Nach wie vor ist eine äußerst praxisrelevante Frage heiß umstritten: dürfen Nebenangebote zugelassen werden, wenn der Preis das einzige Zuschlagskriterium ist? Mehrere Obergerichte haben die Frage teils divergierend beantwortet mit dem unbefriedigenden Ergebnis, dass die Anwendung von Vergaberecht vom jeweiligen Bundesland abhängig ist. Mit seinem Vorlagebeschluss macht das OLG Jena (Beschluss vom. 16.09.2013 – 9 Verg 3/13) nun den Weg für eine höchstrichterliche Klärung frei.
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Die siemenseigene BWI Services GmbH muss Dienst- und Lieferleistungen im Bereich der nichtmilitärischen Informationstechnik der Bundeswehr öffentlich ausschreiben, da sie als öffentlicher Auftraggeber zu qualifizieren ist. Unerheblich ist, dass das Herkules-Projekt als Ganzes bereits nach Vergaberecht vergeben worden war. Denn BWI Services GmbH beschafft auf Abruf Leistungen in ihrer aktuellen Ausprägung auf dem Markt. Eine solche nachgelagerte Beschaffung ist auszuschreiben, wenn ein öffentlicher Auftraggeber beschafft (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.06.2013, VII-Verg 55/12).
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Der Auftraggeber ist verpflichtet, die zu vergebenden Leistungen eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinn verstehen müssen und eine einwandfreie Preisermittlung möglich ist. Dabei müssen die einzelnen Positionsbeschreibungen zweifelsfrei sein und dürfen nicht im Widerspruch zu anderen Vergabeunterlagen stehen. Kommt der Auftraggeber dieser Verpflichtung zur vergaberechtskonformen Beschreibung der Leistungen nicht nach, liegt hierin ein schuldhaft verursachter Vergabeverstoß vor. Ein unverschuldeter Aufhebungstatbestand i.S.d. § 17 EG Abs. 1 Nr. 2 VOB/A kommt daher nicht in Betracht.