Recht
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Die Leistungsbeschreibung bildet als zentrales Element einer öffentlichen Ausschreibung die Basis für die Angebotskalkulation der beteiligten Bieter. Enthält die Leistungsbeschreibung widersprüchliche Angaben oder fehlen wesentliche Informationen, kommt es regelmäßig auf eine Auslegung der Leistungsbeschreibung an. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat für den Fall eines öffentlichen Bauauftrags entschieden, dass eine unklare Leistungsbeschreibung grundsätzlich nicht zu Lasten des Auftragnehmers geht. Ob der Auftragnehmer etwaige Unklarheiten der Ausschreibung bereits im Vergabeverfahren aufgeklärt hat, ist nicht entscheidend (Urteil vom 12.09.2013, VII ZR 227/11)
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Der nordrhein-westfälische Vergabesenat hat entschieden, dass die Gewichtung des Zuschlagskriteriums Preis mit 95% und des Zuschlagskriteriums Terminplanung mit 5% das Vergaberecht verletzt, wenn bieterseitig die von der Vergabestelle vorgegebene Terminplanung eingehalten wird (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 27.11.2013 – VII-Verg 20/13). Das OLG Düsseldorf knüpft damit an seine Rechtsprechung vom 29.12.2001 (Az.: Verg 22/01) an, wonach der öffentliche Auftraggeber den Preis in ein angemessenes Verhältnis zu den übrigen Wirtschaftlichkeitsaspekten zu bringen hat. In dem zugrundeliegenden Streitfall verhält es sich aber umgekehrt.
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Am 15.01.2014 hat das EU-Parlament die neuen Richtlinien für das öffentliche Beschaffungswesen angenommen. Verabschiedet wurden insgesamt drei neue Richtlinien, die die bisherigen EU-Vergaberichtlinien ersetzen werden – die “klassische” Vergaberichtlinie (bisher RL 2004/18/EG), die Richtlinie für Sektorenvergaben (bisher RL 2004/17/EG) und die Konzessionsrichtlinie (kein Vorgänger). Für all jene, die wirklich an eine Vereinfachung geglaubt haben, sei bereits vorweggenommen: Die Richtlinien werden nicht etwa übersichtlicher oder kürzer, sondern differenzierter und länger. So bringt es allein die allgemeine Vergaberichtlinie auf 598 Seiten, während ihre Vorgängerin noch mit 127 Seiten auskam! Diese Richtlinie wird, wie bisher, die größte Bedeutung erlangen. Grund genug, ein wenig Ordnung in den neuen Vorschriften-Dschungel zu bringen. Im ersten Teil des Beitrags ein Überblick über 5 der 10 wichtigsten Neuerungen:
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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 7. Januar 2014 (X ZB 15/13) entschieden, dass Nebenangebote nicht zugelassen und gewertet werden dürfen, wenn in einem Vergabeverfahren der Preis alleiniges Zuschlagskriterium ist. Auf die Divergenzvorlage des OLG Jena (Beschluss vom 16.09.2013 9 Verg 3/13; vgl. den Beitrag von Sonja Stenzel) hin hat der BGH nunmehr eine der umstrittensten vergaberechtlichen Fragen der vergangenen Jahre geklärt. Einer Vorlage an den EuGH bedurfte es nach Ansicht des entscheidenden Senats nicht, weil Nebenangebote bereits nach dem Inhalt des anzuwendenden nationalen Vergaberechts bei einem reinen Preiswettbewerb nicht zugelassen werden dürfen. Die bisherige Rechtsprechung der Vergabesenate hatte demgegenüber stets auf den Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen der Vergabekoordinierungsrichtlinie (RL 2004/18/EG) abgestellt.
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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 07.01.2014 (X ZB 15/13) die Zulässigkeit von Nebenangeboten bei reinem Preiswettbewerb verneint und damit eine der umstrittensten vergaberechtlichen Fragen der letzten Jahre entschieden. Im Ergebnis folgt das Gericht somit der Auffassung des OLG Düsseldorf (Beschluss v. 2.11.2011 – AZ: VII 22/11, vgl. Beitrag von Frau Dr. Valeska Pfarr) und des OLG Jena (Beschluss v.. 16.09.2013 – 9 Verg 3/13, vgl. Beitrag von Frau Sonja Stenzel). Mehrere Obergerichte hatten die Frage teils divergierend beantwortet mit dem unbefriedigenden Ergebnis, dass die Zulässigkeit von Nebenangeboten bei reinem Preiswettbewerb vom Bundesland abhängig war.
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Außerhalb eines Planungswettbewerbs in Vergabeverfahren nach der VOF verlangte Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe sind nach sich verfestigender Rechtsprechung nach den Bestimmungen der HOAI zu vergüten. Für öffentliche Auftraggeber stellt sich in Bezug auf eine rechtssichere und wirtschaftliche Gestaltung von Planungsvergaben die Frage, wie exorbitante Kosten eines Verhandlungsverfahrens im Rahmen der VOF verhindert werden können. Bieter stehen vor dem Problem, wie ein zu großer Aufwand bei der Erstellung des Angebots vermieden werden kann. Das OLG Koblenz (Urteil vom 20.12.2013, 8 U 1341/12) hat hierzu entschieden, dass bei Zweifeln eines Bieters, ob ein zum Angebot gehörendes Konzept oder ein darüber hinausgehender Lösungsvorschlag erwartet wird, beim Auftraggeber nachgefragt werden muss, wie vergütungstechnisch verfahren wird.
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Ein öffentlicher Auftraggeber soll Aufträge erst dann ausschreiben, wenn er auch tatsächlich davon ausgehen kann, dass er diese vergeben wird. Dieser Grundsatz wird in der deutschen Rechtspraxis unter dem Begriff der Vergabereife diskutiert. In seinem Beschluss vom 27.11.2013 (Az.: Verg 20/13) nimmt das OLG Düsseldorf zu der Frage Stellung, welche Auswirkungen ein nicht bestandskräftiger Bau- und Planfeststellungsbeschluss auf die Vergabereife hat.
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Ein ständiges Dilemma des öffentlichens Auftraggebers: Größtmöglicher Wettbewerb mit vielen Bietern versus Begrenzung des Aufwands bei der oft umfangreichen Angebotsprüfung. Der Teilnahmewettbewerb bietet dem Auftraggeber die Möglichkeit, in einem vorgeschalteten Verfahren geeignete Bieter auszusuchen und nur die bestplazierten Bieter zur Angebotsabgabe aufzufordern. Die Kriterien zur Auswahl und zur Anzahl der besten Bieter müssen konkret in der Bekanntmachung festlegt werden. Wie der aktuelle Beschluss des OLG München (Beschluss v. 19.12.2013 – Verg 12/13) zeigt: Der Auftraggeber muss sich vorher sehr genau überlegen, wie viele Bieter er im Angebotsverfahren will und nach welchen Vorgaben er diese auswählt, ein Nachschieben festgelegter Kriterien ist nicht möglich. Und: Der Bieter muss nicht immer gleich rügen.
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Das OLG Düsseldorf hatte für Aufsehen gesorgt, als es entschied, dass Nachweise ohne abschließende Liste gemäß § 9 Abs. 4 VOL/A-EG nicht wirksam gefordert sind und Bieter dann nicht wegen fehlender Nachweise ausgeschlossen werden dürfen. Doch nun scheint das OLG Düsseldorf seine Rechtsprechung zu relativieren. Zugleich zeigt es Auftraggebern mögliche Vorgehensweisen im laufenden Vergabeverfahren auf, wenn konkrete Nachweise nicht wirksam gefordert wurden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.07.2013, Az.:Verg 10/13).
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Zuweilen interessieren sich neben Unternehmen der Privatwirtschaft auch öffentliche Auftraggeber für öffentliche Aufträge. Nicht selten können sie die Leistungen ebenso wirtschaftlich wie die private Konkurrenz erbringen. Die Frage ist: Dürfen sie dies auch? Das OLG Düsseldorf hat dies aus Sicht des Vergaberechts grundsätzlich bejaht, und zwar ungeachtet der Rechtsform des Auftraggebers. Einzige Bedingung: Das nationale Recht erlaubt die Leistungserbringung.