2011
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Ab und an blickt der Vergabeblog über den Tellerrand, so auch heute wieder einmal, diesmal geografisch: Vor dem Hintergrund der EU-Beitrittsverhandlungen hat Kroatien 2008 der Korruption bei der Vergabe staatlicher Aufträge den Kampf angesagt. Bislang offenbar wenig erfolgreich, wie nun eine Onlineplattform offenbart: Diese stellt für die Verwaltungsausgaben seit 01.07.2009 dar, welcher Staatsbedienstete wie viele Aufträge an welche Firmen vergegeben hat.
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Die Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland stellt anlässlich der Ende des Jahres in den Bundesländern auslaufenden Wertgrenzenerlasse erstmals einen umfassenden Forderungskatalog zum Thema „Vergaberecht und Korruptionsbekämpfung“ vor. Transparency spricht sich darin u.a. entschieden für die Rückkehr zu den alten Wertgrenzen für Freihändige Vergaben und Beschränkte Ausschreibungen aus, welche im Zuge des zweiten Konjunkturpaketes im Jahr 2009 deutlich erhöht wurden.
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Die EU-Kommission hat die Untersuchungen gegen die Tschechische Republik wegen Verstoßes gegen die europäischen Vergaberichtlinien bei Erwerbs von vier militärischen Transportflugzeugen ohne öffentliche Ausschreibung im Jahr 2009 eingestellt. Die Tschechen haben versichert, dass man künftig Abweichungen von öffentlichen Ausschreibungen beim Erwerb von Waren für militärische Zwecke (Artikel 346 AEUV) auf Ausnahmefälle beschränken werde, in denen es um die Wahrung der wesentlichen Sicherheitsinteressen des Landes geht.
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§ 19 EG VOL/A Billig ist nicht immer gut! Auftraggeber, die dieser Erkenntnis folgen und qualitativ zweifelhafte Dumpingangebote schon im Vergabeverfahren „aussieben“ wollen, haben es vor allem bei standardisierten Dienstleistungen nicht leicht. Wie soll hier im Vorfeld Qualität geprüft werden? Kann zumindest eine hinreichende personelle Ausstattung vorgegeben werden? Eine jüngere Entscheidung des OLG Düsseldorf gibt Denkanstöße (Beschluss vom 08.09.2011, Az.: Verg 80/11).
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Die EU-Kommission hat erwartungsgemäß die sog. EU-Schwellenwerte, ab denen ein öffentlicher Auftrag EU-weit auszuschreiben ist, zum 01.01.2012 neu festgesetzt. Dabei fallen diese aufgrund der aktuellen EURO-Schwäche etwas höher aus als bisher – was aber in Deutschland zumindest vorerst fast ohne Auswirkungen bleibt.
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Die SPD-Bundestagsfraktion dringt auf eine Rücknahme der Mittelkürzungen bei der Bundeszentrale für politische Bildung iHv 21 %. „Gerade vor dem Hintergrund der Geschehnisse rings um die Zwickauer Terrorzelle, der Wahlerfolge der NPD, alltäglicher rechter Gewalttaten und der weiten Verbreitung rechtsextremistischer Einstellungsmuster sind die Kürzungen bei der Bundeszentrale für politische Bildung grob fahrlässig“, heißt es in einem aktuellen Antrag der Fraktion (17/7943), der heute erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums stand.
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Das dürfte neu im öffentlichen Markt sein: Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben AöR in Bonn sucht einen sog. Headhunter, zu Deutsch einen gegen Provision tätigen Personalvermittler für höherwertige Positionen, “zur Vermittlung einer Leiterin bzw. eines Leiters des Kompetenzzentrums für Vergabe und Beschaffung”.
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Kristian Wellige ist das neue Gesicht im „Vergabe-Referat“ I B 6 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi): Da Referatsleiterin Dr. Kirstin Pukall die Leitung des Referats V B 5 „Japan, Süd- und Südostasien, Australien, Neuseeland“ übernommen hat, wurde sie als ursprüngliche vorgesehene Referentin beim Vergaberechtstag 2011 des forum Vergabe e.V. gesten in Berlin durch Herrn Wellige vertreten. Dieser brachte einen interessanten Ausblick mit.
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§§ 8 Abs. 7, 20 Abs. 1 VOL/A-EG Öffentlich-rechtliche Universitätskliniken oder Forschungsinstitute etc. sind in ihrer Funktion als öffentliche Auftraggeber beim Einkauf von Labormaterialien und –geräten an das Vergaberecht gebunden. Dabei entspricht es einer üblichen Praxis, diese regelmäßig auf der Grundlage von Produktlisten ausgewählter Hersteller zu beschaffen. Von den liefernden Unternehmen lassen sich diese dann lediglich Rabatte auf die Herstellerpreise anbieten. Erhebliche Zweifel bestehen insoweit, ob diese Vorgehensweise dem vergaberechtlichen Grundsatz einer produktneutralen Ausschreibung entspricht. Die 1. VK Bund (Beschluss vom 29.08.2011 – VK1 – 105/11) hat hierzu nunmehr in einer aktuellen Entscheidung Stellung genommen.
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Überrascht? Nicht wirklich. Die griechische Version der Umsetzung der EU-Vergaberichtlinien erlaubt im Baubereich deutlich mehr Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Vergaberechts, als in den Richtlinien vorgesehen. Die EU-Kommission hat Griechenland daher aufgefordert, diese Rechtslage zu ändern. Nach Auffassung der Kommission erlauben es die Ausnahmen, öffentliche Bauaufträge gleichsam einer Direktvergabe zu vergeben. Zudem fordert die Kommission Malta auf, seine Rechtsvorschriften über das öffentliche Auftragswesen zu ändern, insbesondere im Bereich der Nachprüfungsverfahren.