Recht
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Wenn die Vergabestelle es selbst kann – Keine Notwendigkeit für einen Verfahrensbevollmächtigten
OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 28.11.2024 – 11 Verg 5/24 und Beschl. v. 21.11.2024 – 11 Verg 6/24
Im Rahmen von Vergabenachprüfungsverfahren stellt sich regelmäßig die Frage, ob die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch den öffentlichen Auftraggeber notwendig war und ob Antragssteller im Unterliegensfall die Kosten hierfür zu erstatten haben. Das OLG Frankfurt hat in zwei aktuellen Entscheidungen die Notwendigkeit der Hinzuziehung verneint, wenn die mit der Durchführung des Vergabeverfahrens betraute zentrale Vergabestelle bereits mit Zurückweisung der vorangegangenen Rüge umfassend zu den später im Nachprüfungsverfahren erörterten Sach- und Rechtsfragen Stellung genommen hat. Damit hat sich erneut eine Vergabenachprüfungsinstanz mit den Voraussetzungen für die Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten auseinandergesetzt und die Fälle, in denen eine Kostenerstattung für öffentliche Auftraggeber in Betracht kommt, weiter eingeschränkt.
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Bye, bye, effektiver Rechtsschutz?
Warum die geplante Einschränkung des vergaberechtlichen Rechtschutzes rechtswidrig ist (und was man stattdessen machen könnte)
Wie nahezu jede neue Regierung haben sich auch CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag das Ziel gesetzt, das Vergaberecht zu vereinfachen, beschleunigen und digitalisieren. Als Mittel für eine Beschleunigung haben die Neu-Koalitionäre unter anderem den vergaberechtlichen Rechtsschutz ausgewählt. Konkret soll die aufschiebende Wirkung der Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Vergabekammern zu den Oberlandesgerichten entfallen.
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Transparenz hinsichtlich der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln ersetzt fehlende Vergabereife!
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.09.2024 – Verg 16/24
Rahmenvereinbarungen sind für öffentliche Auftraggeber ein nützliches Instrument, um bei regelmäßig wiederkehrenden oder nicht konkret planbaren Beschaffungen effizient und flexibel reagieren zu können, ohne für jeden einzelnen Bedarf ein neues Vergabeverfahren durchführen zu müssen. Rahmenvereinbarungen dürfen jedoch nicht dazu dienen, vergabefremde Zwecke zu verfolgen, etwa um Unsicherheiten hinsichtlich der Bereitstellung von Haushaltsmitteln abzufedern. Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass die Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung vergaberechtswidrig ist, wenn deren optionale Mengen nicht finanziell gesichert sind und den Bietern diese Unsicherheit nicht transparent bekanntgegeben wurde.
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KI in der IT-Beschaffung: Handreichung für öffentliche Auftraggeber – Teil 2
Handlungsempfehlungen für die Beschaffung von IT mit KI-Anteilen
Nachdem der erste Beitrag dieser Reihe (s. Vergabeblog.de vom 03/04/2025 Nr. 70410) einen Überblick über aktuelle Marktentwicklungen und die Herausforderungen bei der Beschaffung von IT mit KI-Anteilen gegeben hat, geht dieser Beitrag nun in die nächste Phase: die strategische Planung. Denn bevor IT Lösungen mit KI-Anteilen, oder gar reine KI-Lösungen beschafft und implementiert werden, müssen öffentliche Auftraggeber zentrale Weichenstellungen vornehmen.
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Kein Kontrahierungszwang mittels Zwangsvollstreckung
OLG Jena, Beschl. v. 08.01.2025 – Verg 8/24
Öffentliche Auftraggeber können und dürfen nicht im Wege der Zwangsvollstreckung dazu gezwungen werden, einen Auftrag an einen geeigneten Bieter zu erteilen. Dies gebietet der auch im Bereich der Vollstreckung von Vergabekammerentscheidungen bedeutsame Grundsatz der Privatautonomie.
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Schreib, schreib, schreib …
VK Thüringen, Beschl. v. 28.02.2025 – 5090-250-4003/498
Wann im Vergaberecht zu viel (aus-)geschrieben und wann zu wenig (auf-)geschrieben ist, damit beschäftigt sich die Vergabekammer Thüringen in ihrem Beschluss. Dabei wird klargestellt, dass manipulative Aufteilungen und unzureichende Bekanntmachungen von Eignungskriterien unzulässig sind.
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Wie du mir, so ich dir: Ausschluss von Bietern aus Drittstaaten wie China
EuGH, Urt. v. 13.3.2025 – C-266/22 – CRRC Qingdao Sifang
Der Markt für öffentliche Aufträge in der EU gehört zu den größten und zugänglichsten weltweit. Unternehmen aus Drittstaaten, die kein Freihandelsabkommen mit der EU im Bereich des öffentlichen Auftragswesens geschlossen haben, können sich jedoch nicht auf das Prinzip der Gleichbehandlung berufen. Dies entschied die Große Kammer des EuGH im wegweisenden Kolin-Urteil (Rs. C-652/22) im Jahr 2024. Die Luxemburger Richter bestätigten nun ihre Rechtsansicht, die den Binnenmarkt schützt.
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Funktionale Leistungsbeschreibungen sind auch bei Bauvergaben nicht rechtfertigungsbedürftig!
EuGH, Urt. v. 16.01.2025 – C-424/23
Bei Bauvergaben der öffentlichen Hand zeichnet sich zunehmend ein Trend zur gesamthaften Vergabe von Planungs- und Bauleistungen aus einer Hand ab. Die sog. Totalunternehmervergabe bietet gegenüber der klassischen Ausschreibung in vielen Einzelgewerken oft zahlreiche Vorteile, insbesondere eine hohe Kosten- und Terminsicherheit. Auch ist es möglich, über ein sog. Zwei-Umschlag-Verfahren Elemente eines Architektenwettbewerbs in die Vergabe zu integrieren. Notwendig ist dafür eine sog. funktionale Leistungsbeschreibung.
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Auch nach Angebotsabgabe keine Rügepräklusion: Nicht auftragsbezogene Zuschlagskriterien sind unzulässig!
BayObLG, Beschl. v. 11.12.2024 – Verg 7/24
Eine neue Chance für den unterlegenen Bieter durch einen späten Angriff auf die Zuschlagskriterien. Ein aktueller Beschluss des BayObLG zeigt auf, dass eine Rüge der Vergaberechtswidrigkeit von Zuschlagskriterien auch nach Erhalt der Vorabinformation gemäß § 134 GWB noch Erfolg haben kann.
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Verzicht auf Losaufteilung muss gut begründet werden
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.08.2024 – Verg 7/24
Auftraggeber möchten bei komplexen Projekten Schnittstellen und damit einhergehende Risiken häufig durch gesamthafte Vergaben reduzieren. Dieses Ansinnen kollidiert jedoch häufig mit dem in Deutschland besonders stark ausgeprägten Grundsatz der Losaufteilung. Auch eine aktuelle Entscheidung des OLG Düsseldorf bestätigt die hohen Hürden für Gesamtvergaben trennbarer Leistungen.