Recht
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Ein Gastbeitrag von Susanne Müller-Kabisch Immer wieder kommt es zwischen Vergabestellen und Bietern zu Kontroversen über die Behandlung von verspäteten Angeboten. Vielfach ist den Bieterunternehmen nicht bewusst, dass das Risiko des rechtzeitigen Angebotseingangs in der Vergabestelle im Wesentlichen bei ihnen liegt. Den Vergabestellen wiederum sind im Fall des verspäteten Eingangs von Angeboten die Hände gebunden. Auch das attraktivste Angebot muss zwingend bereits auf der ersten Prüfungsstufe ausgeschlossen werden, wenn es verspätet bei der Vergabestelle eintrifft. Sowohl für die Vergabestelle als auch für das Bieterunternehmen stellen verspätete Angebote daher ein Ärgernis dar. Rechtlich kompliziert wird es erst recht dann, wenn der Bieter sich bei der Abgabe des Angebots eines Kurier- oder Zustelldienstes bedient und die Vergabestelle ihrerseits bei der Entgegennahme der Angebote Empfangsvertreter oder Empfangsboten einschaltet. Dazu ein Fall aus der Praxis:
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§§ 120 Abs. 2,128 Abs. 1,3 GWB; § 13 VwKostG Einigen sich die Beteiligten eines Nachprüfungsverfahrens in der Sache, so steht immer noch die Kostenfrage im Raum. Die Kosten vor der Vergabekammer regelt § 128 GWB – wie sich gerade am Beispiel der Erledigung zeigt – lückenhaft. Im Hinblick auf die Erledigungserklärung in erster Instanz ist deswegen auch bereits eine Divergenzvorlage des OLG Naumburg (OLG Naumburg, Beschluss vom 14. April 2011, Az. 2 Verg 2/11) beim BGH anhängig. Nicht zufriedenstellend geregelt ist aber auch der Fall, in dem sich die Beteiligten erst in der zweiten Instanz einigen. Das zeigt eine jüngere Entscheidung des OLG Brandenburg (OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.11.2011, Az.: Verg W 3/11).
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Die Änderungen der EU-Schwellenwerte durch die EU-Kommission zum neuen Jahr blieb bis auf die Sektorenauftraggeber aufgrund der dynamischen Verweisung in § 1 Abs. 2 SektVO auf die neuen Werte in der EU-Verordnung Nr.1251/2011 für alle anderen bislang ohne Auswirkungen. Denn da die Schwellenwerte Mindeststandards setzen, ab denen die EU-Vergaberichtlinien greifen, war die strengere Umsetzung durch niedrigere Schwellenwerte in Deutschland bis zu einer Änderung der VgV weiter wirksam.
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Am 13.12.2011 wurde das Gesetz zur Änderung des Vergaberechts für die Bereiche Verteidigung und Sicherheit im Bundesgesetzblatt (Teil I 2011 Nr. 64 13.12.2011 S. 2570) verkündet und trat einen Tag später, am 14.12.2011, in Kraft. Es ist auf alle Vergabeverfahren, die ab dem 14.12.2011 begonnen wurden, anzuwenden. Zuvor begonnene Verfahren sind nach alter Rechtslage zu beenden. Dies gilt auch für sich daran anschließende Nachprüfungsverfahren. Ein Überblick in zwei Teilen.
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Ein Vergabesenat darf keine Beschlagnahme von Vergabeunterlagen beim öffentlichen Auftraggeber anordnen. Hierfür gibt es keine gesetzliche Grundlage. Dies hat das OLG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 10.08.2011 (VII-Verg 37/11) klargestellt und den Antrag eines Bieters zurückgewiesen.
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Die Rückforderung von Zuwendungen (Investitionszuschüsse oder Subventionen) auf Grund vergaberechtlicher Verstöße ist in den vergangenen Jahren immer mehr in den Blickpunkt der Rechtspraxis geraten. Im Zusammenhang mit der Auferlegung von zuwendungsrechtlichen Vergabepflichten in Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen gab es bereits in den letzten Jahren einige viel beachtete Gerichtsentscheidungen mit zum Teil erheblichen finanziellen Konsequenzen. Nunmehr hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 17. November 2011 (Az.: III ZR 234/10) die Rückforderung eines Investitionszuschusses als rechtmäßig erachtet, weil der Zuwendungsempfänger bei der Verwirklichung des geförderten Projekts gegen Vergaberecht verstoßen hat.
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§ 107 Abs. 3 GWB; § 19 EG VOL/A Das Gebot der Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien ist zwar spätestens seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15.04.2008 (X ZR 129/06) sowie den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 24.01.2008 (Rs. C 532/06) und 21.11.2009 (Rs. C 199/07) gefestigte Rechtsprechung. Die vergaberechtskonforme Abgrenzung der Eignungs- von den Zuschlagskriterien ist in der Vergabepraxis aber nicht immer einfach. Es wundert daher nicht, wenn das Gebot der Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien erneut Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens war; zumal zwischen den Beteiligten auch die Frage der Erkennbarkeit des Vergaberechtsverstoßes gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB streitig war.
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Das OLG Düsseldorf hat über einen Fall entschieden, in welchem eine gesetzliche Krankenkasse den Abschluss eines Rabattvertrags mit jedem interessierten Unternehmen ohne Vergabeverfahren angekündigt hatte (Beschlüsse vom 11.01.2012 – Verg 57/11; Verg 58/11; Verg 59/11). Der Senat stellte fest, dass dies im konkreten Fall unzulässig war, schloss die Möglichkeit einer vergaberechtsfreien Gestaltung aber ausdrücklich nicht aus. Eine Hintertür für Umgehungslösungen?
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Die Frage der Anwendbarkeit des europäischen Vergaberechts im Zusammenhang mit der Beauftragung von Rettungsdienstleistungen ist in den vergangenen Jahren im Einzelnen umstritten gewesen. Die in Deutschland in dieser Hinsicht bestehende Rechtsunsicherheit lag insbesondere darin begründet, dass in einigen Bundesländern das so genannte Submissionsmodell und in anderen das so genannte Konzessionsmodell zur Anwendung kommt. Im Rahmen des Submissionsmodells halten die Leistungserbringer (zumeist Hilfsorganisationen wie die DRK, MHD, Johanniter etc.) das Benutzungsentgelt unmittelbar vom Leistungsträger (dem Kreis oder der kreisfreien Stadt), wohingegen im Konzessionsmodell die Leistungserbringer die Höhe der Benutzungsentgelte mit den Sozialversicherungsträgern vereinbaren. Eine gewisse Rechtssicherheit konnte erst eintreten, nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) zu beiden Konstellationen jeweils grundlegende Entscheidungen gefällt hatte.
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Ein Gastbeitrag von Christian Frhr. v. Ulmenstein In einem VOL/A-EG Verfahren hatten die beteiligten Bieter vergleichbare Referenzen vorzulegen. Im Rahmen der Auswahlentscheidung hielt die Vergabestelle hinsichtlich eines Bieters eine vorgelegte Referenz für nicht vergleichbar. Da sich dieser Bieter in einem vorangegangenen Vergabeverfahren erfolgreich beteiligt hatte, zog die Vergabestelle „ersatzweise“ eine ihr aus einem früheren Vergabeverfahren bekannte (hausinterne) Referenz heran und ersetzte die nicht vergleichbare Referenz durch diese „Alt“-Referenz. Dabei bezog sie sich auf § 19 Abs. 2 Satz 1 VOL/A-EG.