Tariftreue
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Die Gewerkschaft IG Bauen-Agrar-Umwelt warnt angesichts der erleichterten Vergabemöglichkeiten durch das Konjunkturpaket II vor Sozialdumping: Durch die Lockerung der Vergaberichtlinien hätten die Kommunen „eine große Verantwortung, die richtigen Firmen auszuwählen“, sagte der Osnabrücker Regionalleiter der Gewerkschaft, Wolfgang Jägers. Er forderte einen „Sozialcheck“, der Schwarzarbeit und Lohndumping verhindere. Die Zahlung von Tariflohn und faire Arbeitsbedingungen hätten Vorrang vor dem billigsten Angebot. Der Landkreis Schaumburg sieht das genauso und hat erste Konsequenzen gezogen:
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Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (16/11181) auf eine Kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen (16/10965) zu den Möglichkeiten der Anwendung sozialer Kriterien bei der öffentlichen Auftragsvergabe mitteilt, hält sie einen Verstoß gegen einen für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag für einen Rechtsverstoß, „der die Zuverlässigkeit eines Unternehmens in Frage stellt und dazu führt, dass dieses Unternehmen vom Wettbewerb um einen öffentlichen Auftrag ausgeschlossen werden muss“.
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Soziale Kriterien bei der öffentlichen Auftragsvergabe interessieren die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen. In einer Kleinen Anfrage (16/10965) wollen die Abgeordneten wissen, welche Möglichkeiten Bundesbehörden haben, damit bei der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen Tarifverträge eingehalten werden.
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Die Frage, wie mit sozialen oder ökologischen Gesichtspunkten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge umzugehen ist, haben Vertreter von Wirtschaft und Gewerkschaften in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie des Deutschen Bundestags unterschiedlich bewertet. Gegenstand der Anhörung waren der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Modernisierung des Vergaberechts (16/10117) sowie Anträge der FDP (16/9092), der Linksfraktion (16/6930, 16/9636) und von Bündnis 90/Die Grünen (16/6791, 16/8810) zu diesem Thema.
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Rheinland-Pfalz hat eine Entschließung „zur Absicherung eines europarechtskonformen Entgeltschutzes bei öffentlichen Auftragsvergaben“ in den Bundesrat eingebracht (BR-Drs. 254/08): Der Bundesrat soll die Bundesregierung auffordern, auf einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn bei öffentlichen Aufträgen hinzuwirken, der mit geltendem EU-Recht vereinbar ist bzw. dieses zu diesem Zweck gleich entsprechend zu ändern.
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Die Kopplung öffentlicher Aufträge an die Einhaltung von Tarifverträgen ist nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) unzulässig. Dieser verwarf mit Urteil vom 03.04.2008 (C-346/06, „Rüffert“) eine entsprechende Regelung des Niedersächsisches Vergabegesetzes und setzt sich damit zugleich in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.