Politik und Markt
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Im Mai wurde der Initiativbericht der Deutschen Heide Rühle, binnenmarktpolitische Sprecherin der GRÜNEN/EFA im Europäischen Parlament (EP), über „Neue Entwicklungen im öffentlichen Auftragswesen (2009/2175(INI)“ mit großer Mehrheit vom EP angenommen. Schwerpunkt des Berichts ist die kritische Auseinandersetzung mit den Folgen der Europäischen Vergaberegeln und ihrer Umsetzung in nationales Recht. Aber auch die interkommunale Kooperationen, Dienstleistungskonzessionen, öffentlich-private Partnerschaften und die nachhaltige Beschaffung werden thematisiert.
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Im Rahmen seines MBA-Studiums an der FOM, Hochschule für Ökonomie und Management, Essen, hat Simon Bannenberg sechs Elemente zur strategischen Ausrichtung und damit zur Effizienz- und Effektivitätssteigerung der öffentlichen Beschaffung herausgearbeitet. Noch bis zum 15. Juni wird dazu mit einer Umfrage unter den Kommunalverwaltungen Baden-Württembergs und Bayerns sowie unter Bundesbehörden evaluiert, ob diese Elemente bereits Anwendung finden bzw. welche besonders geeignet erscheinen, den Beschaffungsprozess wirtschaftlicher zu gestalten.
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„Et hätt noch immer jot jejange“? – Kölner Messehallen und Abwasserentsorung in Hamm. In beiden Fällen ging es nach Ansicht der EU-Kommission bei der Auftragsvergabe nicht mit rechten, sprich vergaberechtskonformen Mitteln zu. Nach dem der EuGH im Oktober letzten Jahres die Rechtswidrigkeit der Vergabe des Kölner Messeneubaus an den Oppenheim-Esch-Fonds feststellte, hat die Kommission Deutschland nun förmlich aufgefordert, das Urteil innerhalb der kommenden zwei Monate umzusetzen. Andernfalls droht ein Zwangsgeld. Zugleich hat die Kommission beschlossen, die Bundesrepublik vor dem EuGH wegen der Direktvergabe von Abwasserentsorgungsleistungen in Hamm zu verklagen, da die zuständigen Behörden trotz Aufforderung vor über einem Jahr bislang keine zufriedenstellende Antwort abgegeben haben.
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Das Gericht der Europäischen Union (bis 30.11.2010: Gericht erster Instanz, abgekürzt als EuG) hat die Nichtigkeitsklage der Bundesrepublik Deutschland gegen die Mitteilung der EU-Kommission zu Vergaben unterhalb der Schwellenwerte und weiteren, nicht umfassend von den Vergaberichtlinien erfassten Aufträgen, zurückgewiesen. Nach Auffassung des Gerichts ist die Klage bereits unzulässig, da die Mitteilung kein mit einer Nichtigkeitsklage angreifbarer Akt der Rechtsetzung sei. Denn die Mitteilung habe keine spezifischen oder neuen Verpflichtungen festgelegt, sondern enthalte lediglich eine zutreffende Beschreibung der geltenden Rechtslage. Das Gericht hat damit die in der Mitteilung dargestellten, aus der Rechtsprechung des EuGH abgeleiteten Vorgaben der EU-Kommission bestätigt.
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Die Bezüge der Beamten, Richter, Soldaten und Versorgungsempfänger im Bund sollen bis Sommer 2011 schrittweise steigen. Dazu sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/1878) eine lineare Anhebung der Dienst- und Versorgungsbezüge in drei Schritten in den Jahren 2010 und 2011 durch eine zeit- und inhaltsgleiche Übernahme des Ergebnisses der Tarifverhandlungen für die Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes vom 27. Februar vor. Die Erhöhung ist allerdings marginal.
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Hessen soll bundesweites Vorbild für fairen und nachhaltigen Einkauf werden. Das gab die schwarz-gelbe Landesregierung nach einem entspr. Beschluss der Nachhaltigkeitskonferenz des Landes bekannt. In dieser entwickeln Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft unter Vorsitz von Roland Koch neue Ideen und Ziele für die vor zwei Jahren angestoßene Landes-Nachhaltigkeitsstrategie.
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Die SPD-Bundestagsfraktion verlangte in einer Kleinen Anfrage (17/1454) Auskunft über “Pfusch am Bau im öffentlichen Bereich” (Vergabeblog berichtete). In der nun vorliegenden Antwort der Bundesregierung (17/1681) heisst es, sie unterstütze alle Anstrengungen, ”Qualität am Bau als Wettbewerbsparameter zu stärken”. Da die Bauaufsicht jedoch Länderangelegenheit sei, habe sie hier keine Kompetenzen. Handlungsbedarf an VOB oder GWB, um den Qualitätswettbewerb und soziale Standards mit Tariftreue in die Auftragsvergabe stärker einzubeziehen und so dem reinen Preiswettbewerb entgegenzuwirken, sieht die Regierung nicht.
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Der Anteil von Kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) an den Vergaben der Bundebeschaffung (BBG) in Österreich betrug laut einer parlamentarischen Beantwortung aus dem Jahr 2008 für das Jahr 2007 beeindruckende 76,1 %. Kleinstunternehmen kamen dabei sogar auf 18,8 %. Beim Auftragsvolumen in Euro („Abrufwert“) sah es allerdings deutlich schlechter aus: Zusammen kamen die KMU hier nur auf 26,6 %, die Kleinstunternehmen sogar nur auf 2,2 %. Daher hat die BBG nun eine eigene KMU Strategie entwickelt.
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eVergabe kostet Geld. Nicht per se, sie spart sogar erhebliche Prozesskosten. Nur fallen eVergabe-Plattformen auch nicht vom Himmel. Das Geschäftsmodell: Öffentliche Auftraggeber bekommen „die eVergabe“ relativ günstig, die Finanzierung erfolgt über Nutzungsentgelte der Bieter, die ohnehin keine andere Wahl haben. Die mehr und mehr in Bund, Ländern und Gemeinden umgreifende Pflicht zur elektronischen Angebotsabgabe tut ihr Übriges. Damit soll nach Auffassung des BMWi Schluss sein. Die Wirtschaft soll nicht länger für die Teilhabe an öffentlichen Ausschreibungen zahlen müssen. Daher ordnet der neue § 6 Abs. 2 bzw. § 6 EG VOL/A 2009 an, “von den Bewerbern und Bietern dürfen Entgelte für die Durchführung der Vergabeverfahren nicht erhoben werden.” Die Regelung zielt ausdrücklich auf die eVergabe ab. Was wenig ernst genommen wurde, schlägt nun in die Praxis durch: In einer am 8. Mai veröffentlichen Ausschreibung (TED: 2010/S 90-135043) zur “Bereitstellung und Betrieb eines E-Vergabesystems einschließlich Ausschreibungsplattform für die Rundfunkanstalten der ARD einschließlich der GEZ” (nach EuGH öffentliche Auftraggeber) heißt es: Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Geschäftsmodelle, die vom Bewerber/ Bieter ein Entgelt für die Zusendung der Verdingungsunterlagen verlangen, nicht erwünscht sind. Und jetzt?
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Das BMF hat Zusammenfassungen über die Haushaltsentwicklung der Länder bis März 2010 vorgelegt. Deutlich zu erkennen der Einbruch bei den Steuereinnahmen von bis zu 10 % in den Flächenländern im Vergleich zum Vorjahr. Interessant wäre zu erfahren, warum die Personalausgaben überwiegend gestiegen sind. Beachten Sie: Erfahrungsgemäß hat die Entwicklung der ersten drei Monate nur eine geringe Aussagekraft über den Jahresverlauf. Vollständige Auswertung hier.